protestbilanz: Ein Erfolg der Kreativität
Schon lange nicht mehr hat der Besuch eines Politikers für so viel Wirbel gesorgt, wie die Stippvisite des US-Präsidenten. Drei Tage in Folge gingen Zehntausende auf die Straße, um gegen die von George W. Bush symbolisierte und getragene Politik der Globalisierung und der militärischen Lösungen zu demonstrieren. Sie haben das Bild der Stadt noch stärker geprägt, als die an jeder Ecke herumstehenden Polizisten.
Kommentar von GEREON ASMUTH
Ob man daraus ein dauerhaftes Wiederaufleben der Friedensbewegung ablesen kann, bleibt dahingestellt. Das wird im Wesentlichen davon abhängen, ob die Politik weiterhin entsprechende Anlässe serviert.
Doch neben dem inhaltlichen Protest haben die Aktionen der Bush-Gegner vor allem eins gezeigt: Eine Vielzahl von zwar kleinen, dafür aber umso kreativeren Aktionen, ob nun in den eigentlichen Demonstrationszügen oder in der restlichen Stadt. Erst mit ihnen ist es gelungen, das inhaltliche Anliegen in einer auf Bilder fixierten Medienwelt zu transportieren. Und sie haben gezeigt, dass Politik Spaß machen kann, ohne in karnevaleske Plattitüden oder stupiden Dogmatismus zu verfallen. Hier waren mehrheitlich nicht die stumpfen Anti-Irgendwas-Blöker am Werk.
Zwar waren auch diejenigen – wie so häufig – unübersehbar, die glauben, dass eine Demonstration erst dann ein Erfolg ist, wenn sie in heftiger Randale endet. Aber genauso präsent war der begrüßenswerte Flügel, der versucht, genau diese Übergriffe zu verhindern.
Mit Witz und Ironie haben viele Demonstranten die US-Politik abgebrezelt und sogar den gigantischen Polizeieinsatz, der den Präsidentenbesuch begleitete, phasenweise ad absurdum geführt. Das mag den verantwortlichen Politikern nicht schmecken, aber genau das ist auch das Anliegen dieser Art Proteste.
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