pride in hamburg: „Als Mann darf ich weinen“
Pride Week: Vom 24. Juli bis zum 8. August 2021 feiert Hamburg den Christopher Street Day (CSD). Heute: Vortrag und Diskussion:
„Männlichkeiten-Bilder in einigen schwulen Kreisen – wie Normbilder von Männlichkeit die schwule Szene prägen“, 17 Uhr, Pride House, kleiner Saal, Rostocker Straße 7
Interview Arne Matzanke
taz: Malte Legenhausen, sind Sie stolz darauf, ein Mann zu sein?
Malte Legenhausen: Das würde ich nicht sagen, aber ich fühle mich mit meiner Männlichkeit in den meisten Fällen sehr wohl. Ich habe gelernt, Männlichkeiten vielfältig zu sehen und darin meine eigene Form von Männlichkeit zu finden. Dabei habe ich auch erkannt, welche Privilegien ich als Mann besitze.
Wie ist Ihr Blick auf Männer?
Es geht mir vor allem darum mit Klischeevorstellungen von Männlichkeit umzugehen, sie aufzubrechen. Ich darf als Mann weinen oder mit überschlagenen Beinen sitzen, auch wenn das dem gesellschaftlichen Bild nicht entspricht.
Wie wird ein Mann zum Mann?
Schon vor der Geburt denken wir in binären Kategorien – Mädchen rosa, Jungs blau. Je älter Kinder werden, desto stärker werden sie auf diese Rollenbilder geprägt. Das wirkt durch das Erwachsenenalter hindurch. Das Elternhaus, aber auch das soziale Umfeld sind dabei Faktoren. Wenn jemand nicht den Geschlechterrollen entspricht, eckt die Person häufig an.
Benutzen einige Männer das Wort „schwul“ deswegen als Beleidigung?
Da geht es zunächst um die Abwertung von vermeintlich weiblichen Attributen, somit auch um Misogynie und die Aufrechterhaltung von Macht. Die Abwertung von schwulen Männern hilft, ein Bild von überlegener, heterosexueller Männlichkeit zu stärken. Eben diese benutzen das Wort, um sich von Homosexualität abzugrenzen. Letztlich sehen manche Menschen Homosexualität leider als etwas Unnormales und damit auch „schwul“ als Schimpfwort.
Wie wirken Männlichkeitsnormen auf schwule Männer?
Männlichkeitsnormen betreffen zunächst alle Männer. Auffällig ist, dass in schwulen Kreisen häufig mit den starren Männlichkeitsbildern gebrochen wird. Gleichzeitig sind bestimmte Bilder aber auch in schwulen Communitys sehr dominant. Einerseits werden diese Normen also überwunden, andererseits kommt es beispielsweise auf Dating-Apps zu Diskriminierungen gegenüber Männern, die dem durchtrainierten Bild nicht entsprechen.
Ist das Aufbrechen von Männlichkeitsnormen also eine private Verantwortung?
Es ist zwar wichtig, dass Männer reflektieren, was diese Geschlechterrolle mit ihnen macht, aber wenn nicht auch auf institutioneller Ebene etwas passiert – im Unterricht beispielsweise auch die Wirkung von Geschlechterrollen einbezogen wird –, ist das alleine nicht genug. Wir dürfen in der Öffentlichkeit nicht immer wieder auf starre Männlichkeitenbilder treffen, sonst verändert sich nichts.
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