press-schlag: Schluss mit dem Vorspiel!
Warum das DFB-Pokalfinale der Frauen endlich einen eigenen Termin und eine eigene Kulisse braucht
Übellaunig traten sie vor die Presse, die beiden Trainer der Teams, die soeben das Finale um den DFB-Pokal der Frauen ausgetragen hatten. Hans-Jürgen Tritschoks, der den 1. FFC Frankfurt zum sechsten Sieg im Pokalwettbewerb geführt hatte, fuhr seinem Widerpart, Duisburgs Trainer Thomas Obliers, derart schulmeisterlich übers Maul, als halte er ihn für einen Stümper. Dabei hatte der nur gesagt, was für alle offensichtlich war.
Die Duisburgerinnen, die nach dem schnellen Rückstand durch einen Foulelfmeter (Lingor, 3. Minute) zunächst gar nicht ins Spiel fanden und nach einer ersten sehenswerten Aktion kurz vor der Pause eher zufällig den Ausgleich erzielt hatten (Fuss, 45.), nahmen in der zweiten Hälfte des Spiels das Heft des Handelns in die Hand. „Das war nicht so“, postulierte indes Tritschoks. Vielleicht war es ganz gut, dass nur noch eine Hand voll Journalisten den miesepetrigen Auftritt der Trainer mitbekommen haben. Zwanzig Minuten vor dem Anpfiff des Männerfinales hatte die Pressekonferenz erst begonnen, da saßen die meisten Journalisten schon wieder auf der Tribüne und lauschten Herbert Grönemeyers Auftritt vorm Männerendspiel.
Die Frauen hatten wieder einmal das Vorprogramm zum großen Saisonfinale der Männer geben dürfen. Vor leeren Tribünen, vor Pressevertretern, die oft nur eine leichte Ahnung von Frauenfußball haben. „Ich bin dafür, dass sich die Spielerinnen in der Mixed Zone Namensschilder umhängen“, witzelte ein Berliner Boulevardjournalist, der zum Stimmensammeln dann doch nicht an den Spielfeldrand gegangen war, weil er Angst hatte, den Anpfiff des Männerfinales zu verpassen. Am Buffet des Presseraumes standen derweil ein paar wahre Experten und unterhielten sich darüber, wer mit wem wann zusammen war. Schnell kam die Rede auf Duisburgs Stürmerin Inka Grings, die ja mal mit Holger Fach, dem Bundesligacoach, zusammen war, der jetzt eine neue Freundin hat, die früher die Freundin von Grings war. Frauenfußballexperten unter sich.
Zuvor hatten sie sich über das Spiel lustig gemacht und sich wahrscheinlich insgeheim geärgert, dass sie so früh ins Berliner Olympiastadion hatten fahren müssen. Für die Teilnehmer des Frauenfinales ist der Auftritt in Berlin lukrativ, sie partizipieren mit je 70.000 Euro am Geschäft, das der DFB an diesem Tag macht. Die bundesweite Live-Übertragung ist selten für ein Frauenspiel. Spielerinnen und ihre Betreuer sprechen immer brav vom großen Erlebnis Berlin, vom großen Tag in der Vereinsgeschichte. An dem spielen sie im fast leeren Stadion und dürfen mit anhören, wie sich die Ultras der männlichen Finalclubs warmsingen. Auf dem Spielfeld kann passieren, was mag – wenn die Bubis des VfB Stuttgart ins Stadion kommen, schneidet die Bildregie auf sie, und während die Siegerinnen die Ehrenrunde noch nicht ganz beendet haben, steht schon Bundestrainer Jogi Löw im Stadion und spricht darüber, wie ungern er sich die Haare hat abschneiden lassen, als er Stuttgart vor zehn Jahren zum Titel geführt hat.
Es ist Zeit für die Fußballfrauen, sich zu emanzipieren. Sie brauchen ihr ureigenes Finale. Sie sollten nicht länger Beiwerk sein. Eine bundesweite Übertragung sollte zu arrangieren sein. Ein nicht ganz so großes Stadion müsste auch zu füllen sein. Und wenn es wirklich so ist, dass vor dem Frauenfußball eine große, verheißungsvolle Zukunft liegt, dann singt irgendwann Herbert Grönemeyer vor dem Spiel zweier Frauenmannschaften und nicht danach.
ANDREAS RÜTTENAUER
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