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press-schlagEine Vermutung: Schalke 04 wird Meister

Pässe in den freien Raum der Gnade

Fußball wird im Kopf gespielt, und im Kopf stehen schöne Fußballweisheiten. „Ihr fünf spielt jetzt vier gegen drei“, hatte der frühere Schalke-Trainer Fritz Langner einmal gesagt, und „Die Schwelle der Hoffnung überschreiten“ heißt ein Buch von Papst Johannes Paul II. Was hinter der Schwelle der Hoffnung ist, weiß wohl keiner; wahrscheinlich der Raum der Gnade, in dem alles gelingt und sich das Hoffen längst erledigt hat. Johannes Paul ist Ehrenmitglied von Schalke, und dass denen nun alles gelungen wäre, kann man nicht sagen: Wenn alles gelungen und auch der Schiedsrichter aufmerksamer gewesen wäre, hätte der 7-malige Altmeister 7 Punkte mehr.

Wenn sie gut begründet sind, sind imaginäre Tabellen wunderbar! Wenn man auch so Erster ist, Herbst- und Weihnachtsmeister, ist es noch schöner und man denkt zurück: An die Saison 71/72, als Schalke „den inoffiziellen Titel“ des Herbstmeisters gewann, später Vizemeister wurde und auch den Pokal holte, und dann kamen Glamrock und die Wirren des Bundesligaskandals ff., oder man denkt an die Saison 76/77, in der Schalke zur Halbzeit zwar nur Sechster gewesen war, am Ende jedoch die Meisterschaft nur ganz knapp verpasste und stattdessen den inoffiziellen Titel des Vizemeisters errang.

Am Ende jener Saison waren die Königsblauen nur deshalb nicht Meister geworden, weil Bayern München im letzten Spiel gegen Gladbach gepatzt hatte. Anstatt Gladbach zu schlagen, hatten die Bayern im Abschiedsspiel von Beckenbauer nur 2:2 gespielt. Dies nur einer von vielen Gründen, weshalb wir die Bayern nicht mögen und Beckenbauer auch nicht, und dies Versagen der Bayern voraussehend hatte Schalke zuvor ja schon in München 7:0 gewonnen, was vielleicht sogar noch höher zu bewerten ist als die zwei Siege dieser Saison gegen Dortmund.

Die Schalker Überraschungsmannschaft von damals erinnert in vielem an die heutige, die wiederum in einigen Bereichen stärker ist als die Uefa-Cup-Gewinnermannschaft von 1997. Zwar haben sich die Spielsysteme verändert – 1977 hatte sich Schalke noch den Luxus zweier Regisseure (Oblak, Bongartz) geleistet, doch damals wie heute hatte S04 den besten Sturm der Liga. Nur waren es damals drei Spitzenstürmer – Erwin Kremers, Klaus Fischer, Rüdiger Abramczik! – und in diesem Jahr sind es fünf! Deshalb ... nun ja ... also würde ich mal sagen, dass ... und lass dann doch lieber den Fachmann zu Wort kommen: „für stunden aus der realität gelöst, eingetaucht in ein leben jenseits des sollens und müssens“ (Yves Eigenrauch) wird Schalke diesmal Meister werden!

DETLEF KUHLBRODT

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