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press-schlagNach dem Spiel ist vor dem Spiel

Die Bundesliga als Schlüssel

Sogar der Zeitung mit den großen Buchstaben scheint es aufgefallen zu sein, und so hatten die Jungs von Bild, nachdem sie ein fettes „Danke, ihr Helden!“ ins Blatt geschmiert und ihren Glückspfennig wieder ausgebuddelt hatten, tatsächlich noch Platz für eine kleine Anmerkung der etwas anderen Art. „Vergesst bitte nicht, wie schwer der Weg zur WM war“, stand da tatsächlich zu lesen, was nicht nur so gar nicht recht passen wollte zu all den Jubelarien im bunten Blatt, sondern darüber hinaus auch noch ein für Bild-Verhältnisse ungewöhnlich ernst zu nehmender Hinweis ist. Bloß nicht vergessen die Katastrophen-Darbietungen gegen England und Finnland. Bloß nicht, wie bald schon nach der verkorksten Europameisterschaft vor einem Jahr, wieder zur Seite schieben die ganzen Probleme des deutschen Fußballs, die in den letzten Wochen endlich einmal offen auf dem Tisch lagen – und dort auch gefälligst liegen bleiben sollten – zur Abarbeitung versteht sich.

Dieses durchaus imposante 4:1 von Dortmund birgt nämlich auch Gefahr: zum Beispiel jene, dass ein solariumgegerbter Verbandspräsident mit, wie es so seine Art ist, einem Glas Trollinger in der einen und einer dicken Zigarre in der anderen Hand vor Mikrofone und Kameras tritt und die Krise des deutschen Fußballs für beendet erklärt bzw. verlauten lässt, es habe nie wirklich eine Krise gegeben. Schließlich fahre man ja wie immer zur Weltmeisterschaft, bei der man dann schon irgendwie eine gute Rolle spielen werde, was immer das heißen mag.

„Vergesst bitte nicht, wie schwer der Weg zur WM war“, sollte man diesem Mann, der durchaus eine Gefahr für den deutschen Fußball ist, dann zurufen – und ihm auf der Stelle ein paar Sätze an den Kopf werfen, die von Werner Hackmann stammen. Der ist Präsident der Deutschen Fußball Liga GmbH (DFL) und hat dem Kollegen vom Kölner Stadtanzeiger schon vor dem Spiel ein paar Dinge gesagt, die nach dem Spiel nichts an Wucht und Bedeutung verloren haben. „Die vorher geleistete Nachwuchsarbeit“, so Hackmann „wird nicht besser und nicht schlechter dadurch, dass die WM-Qualifiktion geschafft wird oder nicht.“ Vielmehr müsse die Lehre aus alledem sein, „dass man kontinuierlich das fortsetzt, was man nach der EM 2000 ins Leben gerufen hat“, wozu es „viele Ansätze“ gäbe. Zum Beispiel jenes Konzept, dass der Deutsche Fußball Bund (DFB) auf den Weg gebracht hat und das derzeit mit den Bundesligavereinen diskutiert wird.

Schließlich hat sich an der Grundsituation des deutschen Fußballs seit Mittwochnacht nichts geändert. Nach dem Spiel ist da durchaus vor dem Spiel. Und bloß weil die Ukraine mit 4:1 weggefegt wurde, schafft morgen nicht ein Talent mehr den Sprung zum Bundesligastammspieler. Denn längst hat sich das als das größte Manko erwiesen: Die Nachwuchsarbeit des DFB hat sich, bei allen Fehlern, die noch im Detail stecken, durch Kinder- und Jugendprogramme sowie die Verbreiterung des Stützpunktkonzeptes, in den letzten Jahren sichtlich verbessert. Immer mehr zum Knackpunkt aber ist geworden, dass immer weniger Talente es danach auch in Liga eins schaffen. Das ist ein bisschen, als ob die letzte Stufe einer Rakete nicht zünden würde.

Hier gilt es nachzuhelfen. Und bereits zart angedacht wurde, die Transfermodalitäten für junge Spieler zu ändern, was beispielsweise zur Folge hätte, dass Talente, die bei einem Erstligisten unter Vertrag stehen, dort aber kaum Möglichkeit bekommen zu spielen, leichter ausgeliehen werden könnten an Vereine, die ihnen eine Stammplatzgarantie und somit die für die weitere Entwicklung so essenzielle Spielpraxis bieten können, sogar die Möglichkeit des Doppelspielrechts wurde schon diskutiert.

Solche Dinge kann der DFB freilich kaum im Alleingang bewerkstelligen, die Bundesliga und ihre Verantwortlichen müssen ihm helfen – und das nicht zu knapp. „Wir sind dabei, ein Gesamtkonzept zu finden“, sagt Werner Hackmann, und ganz unabhängig von der Qualifikation sei es dringend notwendig, „dass wir innerhalb des nächsten halben Jahres dieses geschlossene Konzept haben“. Die Bundesliga, so scheint es, hat dazugelernt. Hoffentlich vergisst sie nicht schon bald, wie schwer der Weg zur WM war.

FRANK KETTERER

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