preise, schriftsteller etc.: Der Börsenverein des Buchhandels entscheidet über den Bücher-Oscar
Schmerzensgeld für die Literatur-Gala
Heute entscheidet die Abgeordnetenversammlung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels über einen neuen Literaturpreis. „Deutscher Bücher-Preis“ soll er heißen (mit dem Büchnerpreis nicht zu verwechseln), branchenintern wird er schon als „Bücher-Oscar“ verspottet, und vor allem soll er im Rahmen einer, wie zu hören ist, fernsehgerechten Gala verliehen werden. Was Hollywood kann und der deutsche Film schon seit Jahren beim Deutschen Filmpreis nicht hinkriegt, daran wollen nun offenbar also auch unsere Buchhändler scheitern: am Versuch nämlich, der Kunst ein glamouröses Umfeld zu schaffen. Man muss sich nur einmal ausmalen, wie es wäre, erst Else Buschheuer und dann Botho Strauß für ihre jeweils neuen Romane im Hortus conclusus der Glotze Trophäen in die Hand zu drücken, um zu realisieren, was für Kulturen hier aufeinander prallen.
Wobei der hier offenbar virulente Einsatz der deutschen Buchhändlervereinigung für die Entauratisierung der deutschen Hochliteratur sogar noch zu loben wäre. Der Geburtsfehler des Bücher-Preises, wenn er denn verabschiedet wird, liegt gar nicht mal in seiner Anpassung an die allgemeinen Medien- und PR-Mechanismen: Lustig würde so eine Preis-Gala auf alle Fälle werden, wenn auch wahrscheinlich unfreiwillig lustig. Aber das wäre ja nichts Neues.
Der Skandal an der ganzen Veranstaltung aber ist: Ein Preisgeld für die Autoren ist nicht vorgesehen. Das ist zwar verständlich, wenn man die klamme Haushaltslage des Börsenvereins berücksichtigt. Aber diese Lage spricht doch für eine totale Verkennung vom Sinn und Zweck unserer Literaturpreise: Im Grunde lassen sie sich nur als Instrumente rechtfertigen, um unseren Autoren Geld zuzuschanzen. Den Akt der Verleihung selbst gilt es in den allerallermeisten Fällen unserer über 700 literarischen Preise nur zu ertragen, dann kommt das Wichtigste: der Scheck.
Insofern sollte der Börsenverein nachlegen. Ab einer Preissumme von, sagen wir: 100.000 Mark könnte so ein fernsehgerechter Auftritt als Schriftsteller schon ganz in Ordnung gehen. Zum Schriftstellerdasein gehören hierzulande noch ganz andere Zumutungen. Man kann das Preisgeld ja als Schmerzensgeld verbuchen. drk
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