portrait: Der neue "Erste Moderator"
Was ein Lächeln alles auslösen kann: Es war Halbzeitpause im EM-Halbfinale 2012 zwischen Deutschland und Italien. In der ARD ist das „Tagesthemen“-Zeit. Ingo Zamperoni moderierte und zitierte zum Abschluss den italienischen Dichter Dante: „Das Gesicht verrät die Stimmung des Herzens.“ Deutschland lag zu diesem Zeitpunkt 0:2 zurück. Und Zamperoni, in Wiesbaden geborener Sohn eines Italieners, lächelte. Die Bild nannte den Auftritt „frech“, die ARD-aktuell-Redaktion und Zamperoni selbst wurden mit Kritik und Beschimpfungen überhäuft.
Zamperoni blieb – zumindest nach außen – ganz gelassen und kehrt demnächst wohl aus den USA zurück zu den „Tagesthemen“. Wenn zum 30. November der Vertrag von Thomas Roth ausläuft, soll Zamperoni ihn ersetzen. „Erster Moderator“ heißt dieser Posten im ARD-Sprech. Es gibt immer zwei davon. „Erste Moderatorin“ bleibt Caren Miosga.
Zamperoni wäre die offensichtlichste Wahl. Schon 2013, als Tom Buhrow aufhörte, um Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) zu werden, hätte er in die erste Reihe aufsteigen können. Zamperoni war ja schon Ersatzmoderator der „Tagesthemen“. Doch man entschied sich für Thomas Roth als Buhrow-Nachfolger. Zamperonis Nachteile damals: Er war mit 39 Jahren noch recht jung, einigen vielleicht zu jung, und er kam vom Norddeutschen Rundfunk (NDR). Von den beiden „Tagesthemen“-HauptmoderatorInnen kommt aber klassischerweise immer einer vom WDR und eine vom NDR. Das war bei Ulrich Wickert (WDR) und Sabine Christiansen, Gabi Bauer, Anne Will (alle NDR) so. Das war bei Tom Buhrow (WDR) und Caren Miosga (NDR) so. Aber bei Zamperoni und Miosga war und wäre es nicht so.
Also wurde Zamperoni Anfang 2014 in die klassische Warteschleife geschickt: als Korrespondent in die USA. Erst Amerika, dann Anchorman. Auf dass sich in ein paar Jahren WDR und NDR auf ihn einigen könnten. Nun scheint alles geklärt: Zamperoni soll laut Tagesspiegel sowohl der Favorit von WDR-Intendant Buhrow wie auch von NDR-Boss Lutz Marmor sein. Und mit 42 Jahren dürfte er Ende dieses Jahres auch alt genug sein für den Job. Jürn Kruse
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen