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portraitDer sich zum Teufel schert

Aus der Türkei ausgewiesen: Hasnain Kazim Foto: imago

Familie, Freunde und Kollegen sagten vorher: Pass auf dich auf“, schreibt Spiegel-Korrespondent Hasnain Kazim im September über die Reaktionen auf eine geplante Reise. Dabei wollte der erfahrene Krisenreporter, der vier Jahre aus dem terrorgeplagten Pakistan berichtet hatte, nur das sächsische ­Heidenau besuchen, wo gerade ein rassistischer Mob getobt hatte.

Der heute 41-jährige Kazim, der indisch-pakistanischer Abstammung ist und im Alten Land bei Hamburg aufwuchs, macht sich gern selbst ein Bild. Er geht Dingen auf den Grund und nennt Probleme beim Namen. Das führt schon in Deutschland zu rassistischen Anfeindungen.

Vor drei Jahren schien für Kazim und seine Familie die Versetzung in die Türkei ein ruhigeres und sichereres Arbeiten zu versprechen als in Pakistan. Doch seitdem hat sich nicht nur die Sicherheitslage in der Türkei verschärft, sondern auch die Arbeitsbedingungen der in- und ausländischen Journalisten wurden schlechter. Jetzt hat Kazim das Land verlassen müssen. Die türkische Regierung hatte seine jährlich zu verlängernde Akkreditierung so lange verschleppt, dass es nicht mehr verantwortbar war, länger zu bleiben. Ohne gültige Papiere hätte er jederzeit sanktioniert werden können.

Der taz erklärte Kazim, dass er wohl persönlich den Zorn von Recep Tayyip Erdoğan erregt habe. Vor knapp zwei Jahren hatte der Reporter über das Bergwerksunglück in Soma mit mehr als 300 Toten berichtet. Kazim zitierte einen Überlebenden, der sich vom damaligen Premier und heutigen Präsidenten Erdoğan im Stich gelassen fühlte. „Scher dich zum Teufel, Erdoğan“, sagte dieser.

Das Zitat wurde zum Titel des Berichts und löste in der Türkei eine Kampagne gegen Kazim aus. Die Anfeindungen, die er schon aus Deutschland kennt, wurden durch verbale Angriffe aus der Türkei ergänzt. Sie reichten bis zu Morddrohungen. Vorsichtshalber verließ Kazim für einige Wochen das Land. Als Reserveoffizier der Bundesmarine kennt er sich auch mit Angriffen aus. Persönlich ist er eher sanft und humorvoll. Doch vor allem ist er ein guter Journalist, der Menschen fair behandelt, ohne jemandem nach dem Mund zu reden. Sven Hansen

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