portrait: Der furchtlose Anwalt
Mit einigen Unterstützern dürften Chinas Sicherheitskräfte wohl gerechnet haben, aber nicht mit so vielen. Umso rabiater gingen sie vor: Diplomaten verweigerten sie den Zugang; auf ausländische Kameramänner schlugen sie ein; wer auch nur versuchte, in die Nähe des Gerichtsgebäudes in Peking zu kommen, wurde verhaftet. Zum Auftakt im Prozess gegen den Anwalt Pu Zhiqiang fanden sich schon am frühen Montagmorgen zwei Dutzend chinesische Unterstützer vor dem Gebäude ein. Sie dürften um die Gefahren gewusst haben, die ihnen in China bei Protesten drohen. Trotzdem hielten sie Schilder hoch wie „Ohne Rechtsstaat wird China keine Hoffnung und keine Zukunft haben.“ Es gehe immerhin um Pu Zhiqiang, sagte eine Aktivistin. „Er hat uns allen schon geholfen.“
Pu ist Chinas prominentester Menschenrechtsanwalt. Der 50-Jährige hatte schon Ai Weiwei vertreten, regimekritische Blogger, Schriftsteller, Journalisten und Dissidenten. Seit 18 Monaten sitzt der unter Diabetes leidende Anwalt selbst im Gefängnis. Im Mai 2014 hatten ihn Polizisten während einer privaten Gedenkfeier für die Opfer des Tiananmen-Massakers vom 4. Juni 1989 festgenommen. Pu wird „Anstiftung zum ethnischen Hass“ vorgeworfen. Dafür werden 30 Kurzmitteilungen angeführt, die er über den twitterähnlichen Dienst Weibo abgeschickt hatte. Er soll so „Streit angezettelt und Ärger provoziert haben“. Ihm drohen acht Jahre Haft.
Dabei machte Pu schon vorher keinen Hehl daraus, wie er zur Politik in China steht. Als Student nahm er 1989 selbst an den Demokratieprotesten teil. Immer wieder prangerte er Korruption und anderes Unrecht an, unter anderem auch das Vorgehen der Regierung gegen Tibeter und Uiguren. Später gründete er mit anderen Juristen die Gruppe Weiquan. Sie bot Rechtsbeistand für politisch Verfolgte.
Pus Verteidiger Mo Shaoping, selbst im Visier der Behörden, erwartet einen schnellen Prozess. Ein Urteil sei schon „in den nächsten Tagen“ zu erwarten. Davon geht auch einer der Diplomaten vor dem Gerichtsgebäude aus. Die Führung fürchte den Gesichtsverlust, sollten in den nächsten Tagen noch mehr Bilder von prügelnden Polizisten um die Welt gehen. Felix Lee
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen