piwik no script img

portraitSuleiman der Vollmundige

Schießwütiger Diktatoren-Cousin: Suleiman Hilal al-Assad Foto: privat

Das passiert nicht alle Tage: Ein Verwandter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sitzt in Haft. Nicht etwa, weil er in dem Bürgerkriegsland in Ungnade gefallen ist oder sich gar der Opposition angeschlossen hat, sondern wegen eines Vorfalls im Rahmen eines Überholvorgangs auf der Straße.

Suleiman Hilal al-Assad, Sohn eines Cousins des syrischen Machthabers und gerade einmal um die 18 Jahre alt, war am Donnerstagabend in der Küstenstadt Lattakia unterwegs, als das Auto eines hohen Offiziers ihn überholte. Daraufhin habe Suleiman den Luftwaffenoberst in seinem Wagen verfolgt und ihm den Weg abgeschnitten. Dann sei Suleiman al-Assad ausgestiegen und habe den Oberst „mit einer Salve aus einer automatischen Waffe erschossen,“ wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Die Festnahme wurde inzwischen von staatlichen Medien bestätigt.

Dass männliches Jungvolk der syrischen Nomenklatura sich gelegentlich auf den Straßen austobt oder sich Autorennen liefert – Verletzte und gelegentlich Tote eingeschlossen –, konnte man schon in den achtziger Jahren in der Innenstadt von Damaskus beobachten. Doch dieser Vorfall fällt in eine Zeit, die der die mehrheitlich von Alawiten bewohnte Küstenregion zahlreiche Opfer in Assads Krieg zu verzeichnen hat. Hinzu kommt, dass Hassan al-Scheich, der Ermordete, auch noch der Luftwaffe angehörte und, ebenso wie Suleiman al-Assad, ein Alawit war.

Die Tatsache, dass der Präsident laut der regierungsnahen Zeitung al-Watan bereits angekündigt hat, Suleiman zu bestrafen, „egal, wer er ist“, kann vermutlich darauf zurückgeführt werden, dass Alawiten und Assad-Anhänger nach dem Mord demonstrierten, weil Suleiman nicht gleich festgenommen wurde; einige forderten seine Hinrichtung. Das ist das Allerletzte, was der militärisch bedrängte Assad gebrauchen kann: einen inneralawitischen Konflikt in seiner eigenen Hochburg, der Provinz Lattakia.

Doch Suleiman selbst scheint sich keine allzu großen Sorgen zu machen. Bei Facebook schreibt er vollmundig, bar jeden Schuldbewusstseins und gekoppelt mit Drohungen: „Ich bin unschuldig und die Wahrheit wird bald enthüllt werden. Und diejenigen, die mich beleidigt haben, werden bestraft werden. […] Ehe ihr mich bestraft, geht und bestraft diejenigen, die Idlib und Palmyra verraten haben, sowie den Justizminister, und wenn jeder seine Strafe bekommt, werde ich auch meine akzeptieren.“ Die Provinzhauptstadt Idlib wurde von einem Bündnis von Rebellengruppen erobert, Palmyra von den Extremisten des Islamischen Staates. Beate Seel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen