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polemikDer Machtgeilheit eine Abfuhr erteilt

Die PDS nach Gera

Warum regen sich jetzt alle auf? Auf dem PDS-Parteitag in Gera ist doch nur das passiert, was als Machtspielchen eine lange Tradition hat. Spielchen, weil heute keiner mehr erschossen wird.

Aber die Gepflogenheiten ähneln sich. Angesichts dieser Verselbstständigung von Machtinteressen bin ich froh über den Ausgang. Warum?

Ballerina Gysi

Wie haben wir ihm gern zugesehen und zugehört. Was hat er uns gut unterhalten. Wie waren wir stolz, dass er uns vor den Kameras des Westens so gut vertritt. Da konnten wir uns doch beruhigt zurücklehnen und ein Bier aus dem Kühlschrank holen. Uns Gregor! Mann, sind wir toll!

Als es dann aber ans Arbeiten ging, lieber schnell weg den Scheiß und weitergetingelt vor die Kameras, da musste man dann schon zwei Bier trinken, um das zu ertragen. Seine Sätze, die selbst am Wahlabend bei Christiansen noch mit „Wir“ anfingen, waren dann schon das Allerletzte, denn „wir“ hatten uns doch gerade vom Acker gemacht. Nur konsequent, dass wir dann auch in Gera nicht beim Parteitag waren.

Aber im Ernst – ist nicht die ganze blendende, geile Machtshow der Ballerina Gysi der erste Pfeiler einer Partei, die einen Vortänzer braucht, der wiederum selbst umhätschelt werden will, statt demokratische Strukturen der Mitbestimmung aufzubauen?

Gysi und seine Männer

Mann, sind wir stolz auf die kleine Männergruppe, die da im Hintergrund die Fäden spinnt! Endlich mitregieren und mit anderen auf Augenhöhe, auf Du und Du. Schön, wie da Strieder gleich mal aus dem Urlaub anruft und die Genossen streichelt, macht nichts, Harald, kannst meine Zahnbürste benutzen, musst dich doch nicht mit der dummen Gabi rumschlagen, ist doch gar nicht unser Niveau.

Nur, Jungs, es hat eben nicht geklappt mit dem einfachen Machtspiel, zumindest nicht in Gera. Erst heraustreten aus der Viererbande, dann alle Berliner Genossen hinter sich bringen und die Gabi schon vorab richtig fertigmachen: hätte ja fast geklappt, noch schnell einen Richtungsstreit daraus machen (welche Richtungen waren es doch gleich, hab ich vergessen, ist auch nicht so wichtig?). Hauptsache, Gabi ist schuld. (Dabei ist doch weder die Oppositionsrolle noch das Mitregieren bisher richtig geglückt.)

Zimmer schlägt zurück

Eine Frau mit dem Rücken an der Wand kann auf einmal lächeln und souverän sprechen. Okay, gleich vorab: Gabi Zimmer ist weit von der Show eines Gysi entfernt, geringer Unterhaltungswert, wenig fürs Auge, falsche Farben gewählt, einfach schlecht gecastet.

Ich dagegen liebe es mittlerweile. Wie hat sie sich tapfer geschlagen, nicht vorschnell ihren Sieg gefeiert, Kooperation von Anfang an angekündigt, sich auch von Moderatoren nicht hinreißen lassen, über andere Galle zukippen, toll.

Und uns Dietmar wurde immer stiller, fiel nur nicht auf, denn er hat ja eh nichts gesagt, gekämpft wurde davor und nicht vor diesen Schwachmaten auf dem Parteitag hier. Halt, stopp, waren das nicht die Delegierten einer Partei, für die man immer im Wir-Duktus gesprochen hat? Okay, dann wählen wir uns eben ein neues Volk, oder wir gehen in die Trotzecke, schicken noch mal den kleinen Claus vor, der auch nicht mehr weiß, was er da eigentlich noch soll, der kann nur noch der Gabi schon mal vorab gratulieren, wird dann später aber doch nicht mitmachen. Traurig eigentlich, diese ehrlichen Mitläufer mit der Macht.

Der Tag danach

Aber nun rauf auf den Rest der Partei und geschimpft, dass die Heide wackelt. Wir sind das Machtzentrum, und da lassen wir uns von niemandem die Macht streitig machen, dann bilden wir doch lieber eine Splitterpartei, damit wir schön unter uns bleiben, mit den Mächtigen dieser Stadt an einem Tisch sitzen und auch mal ihre Zahnbürste angeboten bekommen. Im Berliner Wahlkampf hatten wir ja versprochen: Mit uns wird nicht alles schlechter, das gilt es ja noch einzulösen, aber das blöde Parteivolk brauchen wir dazu nicht, ist ja noch schöner, wenn die jetzt sagen sollen, was gut für sie ist, müssen wir vielleicht wieder die Schwimmhallen aufmachen und den Bankenskandal aufklären. Aber da haben doch olle Gysi und olle Strieder auch Fonds gezeichnet, machen wir doch alle, und vielleicht wollen sie dann noch dem Harald seine Yacht verstaatlichen und unsere Diäten kürzen, da sei Gott, pardon die Partei vor.

Also schon mal ein Casting organisieren, um einen neuen Spitzenmann zu finden, das kann doch olle Harnisch machen, der sitzt doch auch nur blöde in der ehemaligen Biermannwohnung, soll sich mal nützlich machen, mit Andersdenkenden haben wir doch Erfahrung. Ist doch nur peinlich, wie die sich jetzt benehmen.

Abgesang?

Was hindert uns eigentlich daran, gerade jetzt die Inhalte mitzubestimmen, wo doch der Machtgeilheit eine klare Abfuhr erteilt wurde? Was ist denn eigentlich passiert, außer dass die Sackgasse offen gelegt wurde, die beiden Richtungen unausgegoren sind? Warum daraus nicht einen neuen Schritt unternehmen?

Aber dazu müsste man sich gegenseitig ernst nehmen und Respekt vor der Meinung des anderen haben, und man muss vor allem demokratische Strukturen aufbauen. Der Machtklüngel ist da nicht automatisch auf der richtigen Seite, nur weil er mehr in zusammenhängenden Sätzen sprechen kann und die Gesetze der Medienwelt besser beherrscht. KARIN BAUMERT

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