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philosophieISLAMISCHE WELT

Der Islam hat eine herausragende Kultur und Zivilisation hervorgebracht. Neben Poesie und Wissenschaft zählt dazu auch die Philosophie. Dies wird im Westen oft übersehen. Diese dem Laien näher zu bringen, ist das Anliegen von Wolfgang Günter Lerch.

Der Autor ist Redakteur der FAZ und gilt als Kenner der Welt des Islam. Dass er sich auch auf dem Gebiet der islamischen Philosophie bestens auskennt, davon legt dieses Buch Zeugnis ab. Nicht gerade einfache Gedankengänge werden verständlich dargeboten. Lerch stellt die wichtigsten islamischen Philosophen vor. Diese „Denker des Propheten“, wie er sie nennt, verdienten es, „im gleichen Atemzug mit den großen Philosophen des Westens, des Abendlandes, genannt zu werden“.

Gerade in einer Zeit, in der der Islamismus zu einer geistigen Erstarrung in der Welt des Islam führt, sei es wichtig, an die große „rationalistische Tradition des Islam zu erinnern“. Immer wieder zeigt Lerch Parallelen zwischen der abendländischen, christlich geprägten Philosophie und den islamischen Philosophen auf.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Christentum und Islam bestehe in der Auffassung über die menschliche Natur, die Ersteres in der Gefallenheit des Menschen, sprich der Erbsünde sieht, wohingegen Letzterer eher von einer Verführbarkeit des Menschen durch die Sünde ausgeht. Neben den theologisch-philosophischen Schulen erhält der Leser auch einen fundierten Überblick über islamische Geschichte.

Der Autor ordnet seinen Streifzug durch die islamische Philosophie sieben Sachbereichen zu: der Erkenntnistheorie, dem Ursprung der Welt, dem Seinscharakter der Dinge, dem ethischen Handeln des Menschen in der Welt, dem Verhältnis von Glauben und Wissen, der Eschatologie sowie dem politischen Denken.

Lerch hat gezeigt, dass islamische Philosophie für jedermann zu verstehen ist. Es ist ein Beitrag gegen das „Feindbild Islam“. LUDWIG WATZAL

Wolfgang Günter Lerch: „Denker des Propheten. Die Philosophie des Islam“. Patmos, Düsseldorf 2000, 184 Seiten, 34,80 Mark

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