petition der woche: Wer menstruiert, soll zu Hause bleiben dürfen
Anlass der
Petition
Schüler:innen müssen trotz Periodenschmerzen zur Schule
Das wollen die Initiatoren
Dass man zu Hause bleiben darf
Das wollen sie nicht
Ungleichbehandlung von Menstruierenden
Marcus Alleyne ist Vater von zwei Töchtern. Er lebt mit seiner Familie in England. Seine älteste Tochter ist 13. Sie geht auf die weiterführende Schule. Und sie menstruiert. So weit, so normal.
Doch an einem Morgen im September will Alleyne seine Tochter in der Schule aus diesem Grund krankmelden. Er ruft in der Schule an, will den Grund für die Krankheit erst nicht nennen, um die Privatsphäre seiner Tochter zu respektieren. Erst auf Nachfrage antwortet er: Periodenschmerzen. Das Sekretariat der Schule antwortet, das sei „kein legitimer Grund“, den Unterricht zu verpassen.
Deswegen hat Alleyne vor drei Wochen eine Petition gestartet: „Period pains need to be a legitimate reason for absence in schools.“ Übersetzt: Periodenschmerzen sollten ein legitimer Grund sein, im Unterricht zu fehlen.
Er fordert das Bildungsministerium darin auf, Periodenschmerzen als triftigen Grund für das Fehlen im Unterricht einzustufen. Alleyne geht es nicht nur um seine eigene Tochter. Er sieht dahinter ein größeres Problem: „Es kann nicht nur ein Frauenproblem sein, es ist ein soziales Problem. Wir sind alle Teil der Gesellschaft, und wenn es einen betrifft, betrifft es alle“, schreibt der 37-Jährige in seiner Petition. Die Gesellschaft vermittle jungen menstruierenden Menschen, sie müssten ihre Schmerzen runterschlucken.
Dabei erlebe er bei seiner Tochter, „dass man sich vor Schmerzen krümmt und nicht zur Schule gehen kann“, sagt er dem Fernsehsender Sky News. „Ihr ging es so schlecht, dass wir als Eltern das Gefühl hatten, es sei nicht richtig, sie zur Schule zu schicken.“
In seiner Petition schreibt Alleyne, es könne nur zwei Gründe für den schlechten Umgang mit Frauengesundheit in Schulen geben: die Dominanz von Cis-Männern in den Führungsetagen von Schulen oder die „schlichte Ignoranz des physischen und emotionalen Wohlbefindens unserer Schüler:innen“. Seit Jahrhunderten würde die Periode – vor allem von Männern – als Schwäche gesehen. Seit Langem würde dadurch eine Ungleichheit zwischen Frau und Mann bestehen. Alleyne wolle nun für die Rechte aller Frauen und weiblich gelesenen Personen kämpfen. Die Anerkennung von Periodenschmerzen an Schulen sei erst der Anfang. Mittlerweile haben mehr als 75.000 Menschen die Petition online unterschrieben.
Mehr als 42 Millionen Menschen menstruieren in Deutschland. Studien zufolge leiden fast die Hälfte aller Menstruierenden unter Regelschmerzen, sogenannter Dysmenorrhö. Erste Firmen bieten Mitarbeiter:innen deswegen Menstruationsurlaub an. An deutschen Schulen gibt es dazu keine klare Regelung. Jede Schule kann selbst entscheiden, ob die Menstruation ein Grund ist, um krank im Unterricht fehlen zu dürfen.
Dabei bekommen Teenager ihre erste Periode im Durchschnitt mit 12 bis 13 Jahren – sie verbringen also mehrere Jahre mit regelmäßigen Periodenschmerzen auf der Schulbank. Vor allem Frauenrechtler:innen fordern deswegen immer wieder einen offeneren Umgang mit der Periode an Schulen. Ein erster Schritt für sie wären kostenlose Periodenprodukte auf Schultoiletten – eine solche verbindliche Regelung an den Schulen ist noch in weiter Ferne. Auch dazu hat es bereits Petitionen gegeben. Luisa Thomé
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