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pariser platzWECHSELSTUBE STATT GUTE STUBE

Warum ist es bloß so eng im Haus Liebermann am Pariser Platz? Niedrige Decken drücken auf Bilder, die an den Wänden hängen. Das Dachgeschoss, einstmals ein Atelier, gleicht einer Kammer. Und selbst der offene Kamin, die einzige Reminiszenz an den früheren Hausherrn – jenen, der über den Nazi-Marsch durch das Brandenburger Tor 1933 nur noch „kotzen“ mochte – ist nur halb so groß wie der ursprüngliche.

Das neue Haus Liebermann, vom Architekten Kleihues in seinen äußeren Proportionen geschickt rekonstruiert, symbolisiert in anschaulicher Weise, was aus dem Pariser Platz geworden ist: kein kapitaler Auftritt hinein zur Innenstadt, sondern eine Berliner Stube – eine Wechselstube zwischen Kunst und Kommerz.

Schlimm an der Sache ist weniger, dass neben der Bankgesellschaft Berlin im Liebermann-Haus die Konzernzentralen der Commerzbank, der Dresdner Bank und der DG-Bank residieren. Es soll ja Bankhäuser geben, die durchaus nicht schlecht daherkommen. Weniger schön allerdings ist, dass sich die Banken selbst verleugnen. Die DG-Bank stellt sich als Tagungsgebäude vor. Die Dresdner Bank buhlt um Ausstellungs-Events in ihrem Innenhof. Und das Liebermann-Haus geriert sich gar als Kunsttempel für Avantgardisten. Wer allerdings mit großen Formaten oder Plastiken hantiert, kommt gar nicht rein, der Raumhöhe wegen. Pech also für große Künstler.

Angeblich gehört das Geschäft zwischen Kunst und Kommerz zur Corporate Identity der Global Players im Bankgeschäft. Guckt man genauer hin, spielt die Kunst kaum mehr als die Rolle der Dekoration. Beim Liebermann-Haus sollte das anders werden, verantwortet doch eine Stiftung samt ausgewiesener Leiterin den Anspruch. Doch wieder nichts. Statt weite Räume und große Flächen einzunehmen, muss sich die Kunst erneut als Beiwerk ducken. ROLF LAUTENSCHLÄGER

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