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pampuchs tagebuchDas wirklich reale Spiel

Heimkehren nach München heißt immer auch heimkehren zum FC Bayern. Wer Pech hat, kommt gerade an, wenn sich unsere Rothosen mal wieder aufmachen, es den „Königlichen“ zu zeigen. Diese sind nicht etwa die Anhänger König Ludwigs, sondern so nennt man in zutreffender Übersetzung die Spieler von Real Madrid, die eben keine Realos sind, sondern dem rey – gemeint ist wohl König Fußball – ergebene Traumtänzer.

 Mit ihrem unvergleichlichen Zinedine Zidane mit Roberto Carlos, mit Solaris und mit all den anderen bekamen sie diese Woche zum achten Mal von den Bayern eins auf die königliche Mütze. Nicht dass das ein Anlass zur Freude wäre. Ganz im Gegenteil. Es ist zum Haareausraufen. Ich wohne seit fast zwei Jahrzehnten im verlängerten Schlagschatten des Olympiastadions, und bei Spielen wie dem am Dienstagabend bekomme ich, wenn ich nicht schwer aufpasse, Bayern-Jubelgröler aus dem Stadion ganz real und live mit – mal abgesehen davon, dass der Himmel westlich von mir taghell erleuchtet ist. Wenn also einer dieser ebenso unverdienten wie unvermeidlichen Siege ansteht, flüchte ich gemeinhin zu Freunden, die mindestens 2 Kilometer weiter vom Stadion entfernt wohnen als ich, und schaue mir das Spiel aus sicherer Entfernung an. Dank Leo Kirch wurde es auch dieses Mal zeitversetzt gezeigt, und man musste sich dazu noch dieses unerträgliche RTL-Begleitgequake anhören. Fernsehen ist in unseren Tagen auch keine Lösung mehr für den ungestörten Fußballgenuss.

 Ich verließ meine Freunde ein Viertelstunde nach Anpfiff beim Stande von 1:0 für Real. Das reale Spiel war da bereits vorbei. Der Himmel über München war dunkel. Was liegt in solchen Fällen näher, als zum Internet zu greifen? Ich tippte www.fcbayern.de an, und schon erklangt ein zwischen Fanfare und Gegröle angesiedelter Hymnus, der sich erst mal 10 Minuten nicht mehr abstellen ließ. Das verhieß nichts Gutes. Und richtig, während es bei RTL noch 1:0 für Real hieß (und das noch ein ganze Weile), wurde im Live Ticker der „FC Bayern official website“ bereits der 2:1-Sieg der Bayern gefeiert. Vom „fulminanten Schlussspurt“ war die Rede, von „bärenstark“, von „hochverdient gewonnen“ und von „die Spanier teilweise an die Wand gespielt“. Es ist immer dasselbe. Elogen auf Effenberg, dieses Kaugummi kauende Ekel.

 Wirklichen Frieden hat mir nach alldem nur der „Blick ins Büro von Uli Hoeneß“ beschert, den man neben all dem Firlefanz anklicken kann. So etwas schön Sinnfreies versöhnt einen mit dem ganzen blöden Gegroßkotze der Seite. In einem ruhigen, sich mantragleich ewig wiederholenden 360-Grad-Schwenk wird da diese leicht mit Korbstühlen variierte Zirbelstube eingefangen, die so gar nichts mit der Hektik zu tun hat, die man sonst mit Uli Hoeneß verbindet. Das hat keinen Stil, das hat keinen Sinn, das ist ausgesprochen uninteressant und völlig daneben, aber dieses leere Büro strahlt eine Ruhe aus, die nur die wirklichen Experten des Fußballsports in ihrer Bedeutung ermessen können. Seit ich den „Blick ins Büro von Uli Hoeneß“ geworfen habe, den uns www.fcbayern.de dankenswerterweise gestattet, weiß ich sogar, wie ich meinen Ärger über einen Sieg des FC Bayern abreagieren kann: Wer den Rundblick durch dieses Büro lange genug in sich aufgenommen hat, den schreckt nichts mehr. In der Ruhe liegt die Kraft. THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com

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