on tour: Von Schlag zu Schlag
Im Wahlkampf gilt es Stärke zu zeigen – auch beim Anzapfen eines Bierfasses.
So richtig viel hat der SPD das Stärkeantrinken noch nicht gebracht. In Umfragen sind die Werte der Sozialdemokraten jedenfalls noch nicht in die Höhe gerauscht. Dabei haben die ihr Bestes gegeben Anfang Januar in Bayreuth. Da hatten die Bundestagsabgeordnete Anette Kramme und der Spitzenkandidat der bayerischen SPD Carsten Träger den Wahlkampf mit der oberfränkischen Tradition des Stärkeantrinkens eröffnet. „Ausgiebiger Bierkonsum zum Jahresbeginn soll die Franken gesund durchs ganze Jahr bringen“, erklärt das Regionalportal inFranken.de den Brauch. Wer zwölf Bier am Dreikönigstag säuft, der komme demnach gesund und munter durchs Jahr. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass es Anette Kramme gelungen ist, das Fass für die Fete mit nur zwei Schlägen anzuzapfen. Kremme „meisterte diese Aufgabe mit zwei Schlägen mit Bravour“, vermeldeten lokale Medien.
Ein Hubert Aiwanger kann da nur drüber lachen. Der Chef der Freien Wähler, der davon träumt für seine Partei drei Direktmandate und so den Einzug in den Bundestag zu schaffen, hat neulich ein Video auf seine Social-Media-Kanäle gestellt, das ihn zeigt, wie er ein Fass mit nur einem einzigen Schlag anzapft. Einen Kontext hat er nicht geliefert. Mehr als den Hashtag #Anzapfen hat er nicht zu dem Bild geschrieben. Ist es etwa eine ältere Aufnahme? Wundern müsste man sich darüber nicht. Es ist aber auch zu dumm für einen wie Aiwanger, dass der Wahlkampf diesmal weit außerhalb der Volksfestsaison stattfindet. Wahrscheinlich freut sich Aiwanger schon jetzt auf das Fest zum 125. Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr von Kaspeltshub, das im Juli stattfinden wird. Immerhin haben ihn die Feuerwehrler bereits als Schirmherr gewinnen können. Sie überreichten dem bayerischen Wirtschaftsminister einen symbolischen Regenschirm und eine „Ehrenschirmherren-Urkunde“. Das Bier gibt’s dann im Sommer.
Dafür durfte am Montag im niederbayerischen Haidlfing mit Aiwanger kräftig gesoffen werden. Die dortigen Freien Wähler luden zum „Politischer Dämmerschoppen“. Na dann: Prost und gute Nacht!
Andreas Rüttenauer
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