off-kino: Filme aus dem Archiv – Frisch gesichtet
Eine Frau liebt das Geld. Logischer Schritt: Sie sucht sie sich eine Arbeit als Angestellte in der Bank. Doch immer nur das Geld der anderen Leute zählt – das ist auf Dauer auch nichts. Sakikos Chance kommt, als sie von einem Bankräuber zur Geisel genommen wird. Denn zum Glück verunglücken Auto, Räuber, Geisel und Geldkoffer in einem unzugänglichen Naturschutzgebiet: Nun weiß Sakiko, wo das große Geld zu finden ist. In seiner 1996 entstandenen Satire „Sakikos Schatz“ (auch bekannt als „Mein geheimer Schatz“ oder „Mein geheimer Garten“) erzählt der japanische Regisseur Shinobu Yaguchi vom Wahn der Leistungsgesellschaft und ihrer Fixierung auf die materiellen Dinge: Weil sich die Bergung des Geldkoffers etwas kompliziert gestaltet, muss Sakiko unter anderem Geologie studieren, das Bergsteigen erlernen sowie Schwimm- und Tauchkurse besuchen. Da sie ihre Aufgaben mit einer ungeheuren Verbissenheit angeht, wird sie nahezu zwangsläufig überall die Beste: Sie bekommt ein Stipendium an der Uni, gewinnt Schwimmwettkämpfe und zu ihrer großen Freude auch Preisgelder. Doch letztlich kann sie nichts von alledem befriedigen – sie bleibt getrieben von ihrer einzigen Obsession. Der knochentrockene Humor und der knappe, präzise Erzählstil seines Films ließen den Regisseur Yaguchi vor einigen Jahren als große Hoffnung der japanischen Komödie erscheinen, doch bereits mit dem erheblich langatmiger geratenen Nachfolger „Adrenaline Drive“ konnte er nicht mehr an seinen kleinen Geniestreich anknüpfen.
„Sakikos Schatz“ (OmU) 28. 1.im Arsenal 1***Pünktlich zu Muhammad Alis 60. Geburtstag lässt sich auch die vermutlich beste Dokumentation über das „Großmaul“ wieder im Kino betrachten: Leon Gasts Sportlerporträt „When We Were Kings“ entstand 1974 anlässlich des Kampfes um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht zwischen Ali und dem damaligen Champion George Foreman in Kinshasa, Zaire. Ursprünglich wollte Regisseur Gast ein dem Kampf vorausgehendes dreitägiges Musikfestival filmen, doch dann verletzte sich Foreman beim Training – und Gast nutzte die sechs Wochen bis zur Neuansetzung der Veranstaltung, um die Vorbereitungszeit der beiden Boxer zu dokumentieren. Star der Show ist natürlich der geniale Selbstdarsteller Muhammad Ali, hinter dessen großer Klappe sich scharfer Witz und wache Intelligenz verbargen, und dessen Erfolge die schwarzen Amerikaner stolz auf ihre Herkunft machten. Für die Afrikaner war er stets einer der Ihren gewesen: Nachdem Ali in den Sechzigerjahren zum Islam konvertiert war, sah er im afrikanischen Kontinent die eigentliche Heimat aller Schwarzen – was in Amerika dann ja auch für reichlich Zündstoff sorgte. Im Vergleich mit dem wortgewaltigen Ali wirkte Foreman wie eine miesepetrige Dumpfbacke – erst verlor er den psychologischen Kleinkrieg vor dem Kampf, anschließend ging er dann auch im Ring K.o. Das eigentliche Sportereignis kommentiert der Schriftsteller und Boxfan Norman Mailer derart mitreißend und kenntnisreich, dass man mitfiebert, obwohl man ja längst weiß, wie die Chose ausgeht. Leon Gast konnte seine Dokumentation in den Siebzigerjahren aus Geldmangel (und Desinteresse seitens potenzieller Geldgeber) übrigens nicht fertig stellen – das gelang ihm erst vor wenigen Jahren mit Hilfe des amerikanischen Regisseurs Taylor Hackford.
„When We Were Kings“ (OmU) 25. 1.–28. 1. im Regenbogenkino***Was einst die öffentliche Moral gefährdete, amüsiert heute eher: Als Jean-Luc Godards „Außer Atem“ 1960 in die Kinos kam, redeten allenfalls Kinoenthusiasten über falsche Anschlüsse, natürliches Licht, ungewöhnliche Kamerapositionierungen und derlei Neuerungen der Filmsprache. Worüber sich die Leute tatsächlich aufregen konnten, das war die Amoral des von Jean-Paul Belmondo verkörperten Helden, der beiläufig einen Polizisten erschießt, sich ansonsten in einem turbulenten Paris von Tag zu Tag durchs Leben schlägt und seinen Leidenschaften widmet: dem Klauen, dem Kino und der reizenden Amerikanerin Patricia (Jean Seberg).
„Außer Atem“ 26. 1.–27. 1. im Checkpoint; 24. 1.–30. 1. im Filmrauschpalast LARS PENNING
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen