npd-verbot: Schily wird nicht abgeschaltet
Rechtsradikale, V-Leute und ein stahlharter Innenminister unter Rechtfertigungsdruck: Das ist eine Geschichte so recht nach dem Geschmack der leicht reizbaren Berliner Republik. Es ist noch nicht ganz klar, welchen Schaden das Verfahren gegen die NPD überhaupt genommen hat, da jagen einander bereits die Anwürfe gegen Bundesinnenminister Schily: Rücktrittsforderungen tönen aus CDU, CSU und FDP, wenn auch bisher nur aus der zweiten und dritten Reihe.
Kommentarvon MATTHIAS URBACH
Handelt es sich hier wirklich um einen Skandal – oder nicht eher um eine Panne? Es ist noch nicht einmal sicher, wie das Bundesverfassungsgericht auf die neuen Informationen reagieren wird. Als die Richter die Prozesstermine strichen, dachten sie, dass V-Mann Frenz noch immer für den Verfassungsschutz tätig sei. Dies ist aber nicht der Fall. Alle Aussagen, zu denen er gehört werden soll, stammen aus der Zeit nach seiner „Abschaltung“ als Spitzel. Damit dürfte das Gericht kein grundsätzliches Problem haben.
Daran ändern zunächst drei weitere V-Leute nichts, deren Tun oder Reden in der Klageschrift ewähnt wird. Die haben darin eine viel geringere Bedeutung als Frenz und sind nicht als Zeugen geladen. Schwierig für den Staat wird es allerdings, falls wichtige Vorwürfe gegen die NPD allein auf deren Taten beruhen. Denn bei möglicherweise 100 V-Leuten in der NPD und ihrem Umfeld könnte manch einer als Agent Provocateur gewirkt haben. Die Verfassungsrichter haben dieses Dilemma klar vor Augen und setzten früh einen Warnschuss. Doch der wird jetzt zu wenig hinterfragt. Stattdessen stürzt sich alles auf den Minister, nach dem Muster, in dem sich Journalisten und Politiker üblicherweise hochschaukeln – zumal im Vorwahlkampf.
Doch so leicht wird Schily nicht abgeschaltet. Wenn ein Minister auf der Kippe steht, geht es nicht nur um sein aktuelles Verfehlen. Es geht auch um seine Gesamtleistung und seine Bedeutung für das Kabinett. Da ist Schily, der rücksichtslose Kämpfer für innere Sicherheit, einfach zu wichtig für den Kanzler. Auch kann Schröder darauf setzen, dass dem Wahlvolk das Skandalöse an Schilys Vorgehen nur schwer zu vermitteln ist.
Was nicht heißt, dass die Panne sich nicht doch noch zu einem Skandal ausweiten könnte. Nur sollte Schilys Leistung daran gemessen werden, wie er das Verfahren rettet. Erst wenn ihm das misslingt, könnte die Forderung der Opposition nach seinem Rücktritt angemessen sein.
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