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nicht ohne meinen schinkelTraum von der Auferstehung der Bauakademie

Hoffnungsträger Kleihues

Aus Rom kam die Frage an Bausenator Peter Strieder, ob man die Modelle der neu entstandenen Botschaften Berlins ausleihen könne. Bedauernd musste der Senator absagen: „Wir haben die Modelle nicht und hätten auch gar keinen Ort dafür.“ In Zukunft hofft er solche Interessenten an die Berliner Bauakademie e.V. verweisen zu können, die zum Kompetenzzentrum für die Architekturgeschichte der Stadt und gegenwärtige Debatten werden will.

Gegründet haben den Verein, und das ist eine kleine Sensation in der an Konkurrenzen nicht gerade armen Kulturlandschaft Berlins, neun Institutionen, die über hochkarätige Sammlungen verfügen. Dazu gehören die Technische Universität (TU), das Bauhausarchiv, die Berlinische Galerie, die Stiftung Stadtmuseum, das Landesarchiv, die Abteilung Baukunst der Akademie der Künste und aus der Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Kunstbibliothek, die Staatsbibliothek und das Geheime Staatsarchiv.

Bisher erschwerte jede bauhistorische Recherche, dass diese Sammlungen über keinen gemeinsamen Katalog verfügten. Das ist das erste Projekt der Bauakademie. Die TU hat mit der Digitalisierung ihrer Bestände begonnen, Absprachen über die Datenerfassung laufen, Fördermittel werden bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft beantragt. „Physisch wollen wir die Sammlungen nicht zusammenführen, aber ihre Erschließung von einem Ort aus ermöglichen“, sagte der Vertreter der TU.

Hinter der plötzlichen Bündelung der Ressourcen steht wie ein Magier der Architekt Josef P. Kleihues, Präsident des am 25. September gegründeten Vereins. Sein Zauberwort heißt: die Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel. Von ihrem Wiederaufbau träumt nicht nur er. Seit zehn Jahren arbeiten schon zwei Vereine an diesem Ziel, sammeln Gelder, forschen nach Spolien und Dokumenten, propagieren die Wiedergewinnung der Geschichte. Allein es fehlte eine Nutzung, die die Rekonstruktion des 1961 abgerissenen Gebäudes über die Stadtbildpflege hinaus rechtfertigte.

An einem detaillierten Konzept und Raumprogramm will der Verein nun die nächsten sechs Monate arbeiten. Vorträge über das Profil der bestehenden Sammlungen sollen die Planung begleiten. Die TU denkt an eine Verbindung mit Fortbildungsangeboten, die auf Bedürfnisse der Bauindustrie eingehen. Steht das Konzept, folgt die Planung des Wiederaufbaus. Wie eng sie die historische Vorlage nachbuchstabiert, steht dann noch einmal zur Diskussion.

Ganz so unumstritten, wie Strieder und Kleihues gerne vorgeben, ist der Wiederaufbau nicht. Gegner wenden ein, dass in die Kubatur der historischen Hülle der Raumbedarf eines Architekturmuseums nicht hineinpasse. Zudem befürchten sie, dass mit dem Wiederaufbau der Bauakademie Stimmung gemacht werden soll für den Wiederaufbau des Stadtschlosses. Sie rufen den Geist von Schinkel an, der selbst ein Verfechter von zeitgenössischen Lösungen in Bautechniken und Städteplanung war. Gerade dafür steht seine Bauakademie: Sie verband den roten Ziegelstein mit einer vorindustriellen Rasterbauweise. Im März dieses Jahres errichteten 100 Lehrlinge verschiedener Gewerke eine Ecke der Fassade als Muster.

Offen ist die Finanzierung des Projekts. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz will keinesfalls Träger werden. Sie ist gerade erst mit der Finanzierung eines Zentrums für Photographie gescheitert und will sich nicht noch einmal die Finger verbrennen. Das Land Berlin stellt den Stadtraum zur Verfügung und betont unmissverständlich: Mittel gibt es keine. Erste Schätzungen gehen von 85 bis 95 Millionen Mark Baukosten aus. Sieht man, welche Schwierigkeiten selbst renommierte Museen wie die Berlinische Galerie mit der Akquirierung haben, erstaunt der Optimismus, mit dem Kleihues die Finanzierung für möglich hält.

KATRIN BETTINA MÜLLER

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