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montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens

Von hart bis zart, von penibel bis sensibel, von kühl bis gefühlvoll reicht die Palette der Empfindungen, die sich in mir ausbreitet, wenn ich ein Buch aufschlage und es einschätzen soll. Die postmoderne Literaturkritik vernachlässigt bedauernswerterweise die Persönlichkeit des Kritikers, der sich ganz in das Werk einbringt. Seit 1968, als auch ich leider zu den Linken gehörte, wurden die persönlichen Gefühle des Kritikers bekämpft. Niemand wollte mehr hören, was er denkt. Ich aber denke, also kritisiere ich, wie schon der junge Einstein treffend anmerkte. Ein Homme de lettres zu sein, bedeutet nämlich nicht Praeceptor germaniae zu werden. Und umgekehrt. Heute muss die Literaturkritik wieder den Bedürfnissen des Menschen nachspüren, besonders denen des Kritikers, der sensibel, gefühlvoll und zart den Trends nachspürt, ohne sich an den Fallstricken der Spaßgesellschaft entlangzuhangeln. Tiefer Ernst muss die neue Epoche literarischer Selbstbeobachtung bestimmen.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.

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