piwik no script img

letzte zweifelDer Riester-Rente ist nicht zu trauen

Das haben viele Laien geahnt: Der Riester-Rente ist nicht zu trauen. Brav zahlt man über Jahrzehnte ein, aber wie viel am Ende zurückkommt, weiß noch nicht einmal der Versicherungsvertreter. Dieses missmutige Misstrauen ist nun bestätigt. Die Stiftung Warentest musste das aktuelle Heft ihrer Zeitschrift Finanztest zurückziehen; die Renditen vieler Riester-Renten-Verträge waren „schlecht gerechnet“: Die Kalkulationen enthielten Fehler. In einem neuen Heft wird nun alles korrigiert. Außerdem, so die frohe Botschaft, lohnt sich das Riestern jetzt noch mehr, denn die Renditen seien höher als bisher ausgerechnet.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

Ist also alles bestens? Nein. Der Vorfall zeigt: Die Riester-Rente ist so komplex, dass sie selbst Fachleute überfordert. Das spricht nicht für diese Rente.

Aber passieren Fehler nicht überall? Und wurde die fehlerhafte Rechnung nicht sofort korrigiert? Ja, überhaupt: Ist es nicht Prinzip unserer Gesellschaft, dass die Laien den Fachleuten vertrauen müssen? Schließlich wissen die meisten Autofahrer nicht, wie ein Motor funktioniert. Trotzdem setzen sie sich gern in ihren Wagen.

Stimmt alles. Und stimmt trotzdem nicht. Denn so wird Unvergleichbares miteinander verglichen. Beim Auto darf nämlich jeder wählen, ob er vertrauen will. Man kann auch Straßenbahn oder Rollerskates fahren. Außerdem ist ein Auto im Vergleich zur Riester-Rente erstaunlich übersichtlich. Auch ohne Motorkenntnisse ist es nicht schwer herauszufinden, ob das Gefährt die gewünschten Eigenschaften besitzt: Hat es die blauen Sitze, von denen man träumte? Fährt es 80 Stundenkilometer im 5. Gang?

Das ist bei der Riester-Rente anders: Welche Attribute sie besitzt, wird kunstvoll im Vertrag verschleiert, besonders das wichtigste: die Rendite. Vor allem aber: Fehler am Motor zeigen sich schnell und können umgehend repariert werden. Doch wenn die Riester-Rente ein Flop sein sollte, werden wir dies erst in Jahrzehnten wissen. Denn keiner kann sicher sagen, ob die Kapitalanlagen der Versicherungen je so profitabel werden wie prognostiziert. Die Purzelbäume an den Aktienmärkten lassen die Laien da skeptisch sein.

Aber sie müssen ja vertrauen. Die Politik hat ihnen keine Wahl gelassen. Und so protestiert das Volk auf seine Art: Es boykottiert. 32 Millionen sind Riester-berechtigt, knapp 3 Millionen haben sich zu einem Vertrag durchgerungen. Die Fachleute wundern sich – die Laien nicht.

inland SEITE 8

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen