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Archiv-Artikel

leserinnenbriefe

Nackt oder vermummt geht nicht

■ betr.: „Burka für alle“ von Isolde Charim, taz vom 9. 2. 10

Der Staat sollte sich heraushalten, was die Leute in der Öffentlichkeit anziehen – mit zwei Ausnahmen: Nackt oder vermummt, das geht nicht! Dazu braucht es aber keine Gesetzesänderung, dafür reichen die Paragrafen zu Ordnungswidrigkeiten: „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Es nervt, in der Debatte immer vorgehalten zu bekommen, was die Ablehnung der Burka „eigentlich“ bedeutet. Schließlich ist das Burkatragen kein religiöses Gebot des Koran, sondern eine archaische Tradition, und die passt, genau wie das Nacktherumlaufen, nicht in unser Klima oder unsere Gesellschaft.

ULRICH MEMMLER, Dörsdorf

Die Männer müssen umdenken

■ betr: „Burka für alle“

Isolde Charim spricht mir aus dem Herzen. Es geht hier ja um Frauenverachtung und weniger um Religion. Die Burka ist sichtbar und kann so offensichtlich schockieren. Verletzungen und Beeinträchtigungen anderer Art sind weniger sichtbar in unserer Gesellschaft, aber sie sind da, mitten unter uns, die Frauen, die eine Vaginalbeschneidung erleiden mussten, die regelmäßig geschlagenen und vergewaltigten Frauen und die Frauen, die sich verstümmeln lassen mit Brustvergrößerungen, Fettabsaugungen und anderen Eingriffen. Wenn man die Burka verbietet, dann dürfen die Frauen gar nicht mehr aus dem Haus gehen. Es ist daher völlig richtig, pädagogische Aufklärungsarbeit zu fordern. Die Männer müssen umdenken. Ein ganzer Tag in der Öffentlichkeit unter einer Burka dürfte jeden Mann, ob Muslim oder nicht, seine Einstellung zu Frauen überdenken lassen. MICHAELA CHALLAL, Kassel

Niemand verbietet ihnen das Wort

■ betr.: „Die Freiheit der anderen“ von Cigdem Akyol,tazzwei vom 9. 2. 10

Wer verbietet hier wem das Wort? Kelek, Broder und Ates dürfen doch regelmäßig in angesehenen journalistischen Institutionen wie der FAZ und dem Spiegel veröffentlichen – und niemand hat ihnen dieses Recht abgesprochen. Nur: Wer sich öffentlich äußert, muss erwarten, dass es Erwiderungen und Gegenstimmen gibt. Und Menschen, die es wagen, zu widersprechen, wird doch vor allem von Broder prompt Gutmenschelei oder Naivität unterstellt.

Das ist ein Muster, das sich immer öfter wiederholt: Christliche Fundamentalisten stellen Homosexualität als heilbare Krankheit dar, Sarrazin schimpft über Kopftuchmädchen, Sloterdijk stellt den Sozialstaat in Frage. Sobald es jemand wagt, zu widersprechen, spricht man von „Toleranzterror“; dabei gerät außer Acht, dass öffentliche Diskussion nicht bedeutet, dass Meinungen unkommentiert stehen gelassen werden müssen. Wer Polemik austeilt, muss Gegenstimmen einstecken können. Vielleicht sollten Broder, Kelek und Co. endlich von ihrer dampfplaudernden Pauschal-Polemik abkommen und sich darauf konzentrieren, wie sie ihre Meinungen untermauern – mit qualitativen Argumenten. ULRICH LÜCKE, Ludwigsburg

Debatte zurechtrücken

■ betr.: „Die Freiheit der anderen“

Diese Debatte zurechtzurücken wird allerhöchste Zeit, gerade in der taz, in der sich allmählich so etwas wie Frankophobie breitmacht: Sollen sich ja nichts einbilden auf Liberté, Egalité, Solidarité, die Franzmänner und -frauen, wo es doch um nichts anderes als Hass auf das Fremde geht!? Ja, bestimmte Arten und Weisen, wie Frauen gehalten werden, sind „uns“ (der „Dominanzkultur“, liebe Birgit Rommelspacher) fremd und sollen es bitte auch bleiben. Da hilft auch nicht der Vorschlag von Isolde Charim „Burka für alle“. Das hat eine ähnliche Satirequalität wie „Ghetto nicht nur für Juden, sondern für alle“. CLAUDIA PINL, Köln