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kunstraumElementares Sehen

Blick in Lee Baes Ausstellung „Syzygy“ bei Esther Schipper Foto: © Andrea Rossetti; Courtesy the artist, Johyun Gallery and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul

Die Räume von Esther Schipper sind zum Malgrund geworden. Für seine erste Einzelausstellung in der Galerie hat Lee Bae Boden und Wände komplett mit weißem Papier versehen und diesen seine großzügigen, weiten Pinselaustreichungen beigegeben. Das Schwarz zum Pigment zerriebener Holzkohle, das die Handschrift des Künstlers formt, verläuft in gezielten Setzungen an den Wänden. In der Raummitte versammeln sich die Pinselstriche, einer Waschung gleich, in verschiedensten Schattierungen. Sie umschmiegen eine tiefschwarze Säule und lassen eine räumliche Malerei entstehen, die man immer und immer wieder umrunden möchte. Hier bilden sich Wellen und fließende Bewegungen, dort dichte Ansammlungen des holzkohlegetränkten Mediums, das der Künstler selbst herstellt. Dunkle Kanten, wo der Pinsel abgesetzt wurde, treffen auf feinste Linien, die die Pinselhaare erzeugen, wo der Künstler der Hand erlaubt, zu vibrieren.

In diesem Malraum stellt Lee Bae, der zwischen Seoul und Paris lebt, auch acht Arbeiten aus seiner Serie „Issu Du Feu“ (2000–2025) als dicht gehängte Gruppe aus – Werke, die aus unzähligen Holzkohlestücken bestehen, die der Künstler zu Bildern zusammensetzt und an­schließend poliert. Die Spuren der sichtbar gebliebenen Holzmaserungen und Jahresringe absorieren das Licht oder geben es frei, sodass die Komposition schillert.

Lee Bae vermag es, dem Material, das er verwendet, ebenso viel Wirkung einzuräumen wie den fertigen Arbeiten selbst. So wird die Holzkohle bei Lee Bae zur eigenen Akteurin, die sich scheinbar frei durch den Raum bewegt und auch dann noch präsent ist, wenn sie in Form der skulpturalen „Brushstrokes“ A1 bis A3 (2025) nicht mehr physisch vorhanden, sondern in Bronze nachempfunden ist. Frei schwebend bewegen sich die Skulpturen von den Wänden in den Raum und begegnen uns je nach Laufrichtung direkt auf Augenhöhe.

Lee Bae: Syzygy, Galerie Esther Schipper Berlin, bis 18. Oktober, Di.–Sa., 11–18 Uhr, Potsdamer Straße 81E

Wie anderswo im Werk des Künstlers wohnt auch den in Feuer getauften Bronzearbeiten ein ganzer Wald inne. In früheren Kreisläufen umfasste die Werkgruppe „Issu Du Feu“ auch Installationen aus mit Feuer bearbeitete Pinienstämmen. Fast ist es, als seien auch sie hier in Berlin zugegen. Noemi Molitor

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