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kummerkasten

Mittwochabend, 23 Uhr. Ein Friedhof in Rotterdam. Am Eingang zu einer Gruft lehnt eine lang aufgeschossene, sehr dürre Gestalt, sieht sehr bleich aus und irgendwie ziemlich fertig. Die roten Augen glänzen jedoch latent freudig, und den spitzzahnigen Mund umspielt ein glückliches Lächeln.

taz: Guten Morgen, Graf Dracula. Gut geschlafen?

Dracula: Wo denken Sie hin. Ich habe kein Auge zugetan. Wir haben den ganzen Tag gefeiert.

Ihren 525. Todestag?

Quatsch. Den Sieg gegen die Engländer natürlich. Wir sind im Viertelfinale, Mann.

Ich wusste gar nicht, dass sich Vampire für Fußball interessieren.

Erzählen Sie das doch mal Ceaușescu. Oder seinem Sohn.

Das sind Vampire?

War nur Spaß.

Waren Sie denn im Stadion?

Klar, Block 27.

Ach, deshalb die Blutlachen.

Das Catering war nicht schlecht.

Es war doch aber noch hell, als das Spiel lief. Ich dachte, Vampire ...

Sie glauben wohl jeden Unsinn. Wenn Sie Anne Rice lesen würden, wüssten Sie, das einem Vampir in meinem Alter die Sonne nicht mehr viel ausmacht.

Wer ist denn Ihr Lieblingsspieler?

Matthäus natürlich. Der ist ja fast schon einer von uns.

Ein Vampir?

Naja, eher ein Untoter.

Das trifft auf Hagi aber ebenfalls zu.

Ja, den mag ich auch.

Werden Sie denn zum Viertelfinale gegen Italien nach Brüssel fahren?

Das überlege ich mir nach dem Frühstück?

Gute Idee. Ääh, ich muss dann mal weiter.

Warum so eilig?

Interview: MATTI LIESKE

Fotohinweis:DRACULA: „Matthäus ist einer von uns.“ FOTO: REUTERS

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