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kritisch gesehen: „well beings“ im hamburger museum für kunst und gewerbeKuscheln fürs Klima

Da liegen Plüschtiere herum, auf dem Boden und auf den Tischen. Einige würden in eine Handtasche passen, für andere wäre ein durchschnittliches Kinderzimmer knapp. Manche sehen wie Insekten aus, wie Würmer auch – die allerdings auf fernen Planeten zu Hause sind. Andere kann doch nur der Horrorschriftsteller H. P. Lovecraft (1890–1937) inspiriert haben mit seinem „Cthulhu“-Mythos. Und noch mal andere haben etwas von den Masken außereuropäischer Gesellschaften, wie sie lange „exotisch“ genannt wurden, „ursprünglich“ oder noch viel problematischer.

Gestaltet und angefertigt hat all den Flausch Valentina Karga, Designerin und Designlehrerin an der Hamburger Kunsthochschule; dass sie den Stoff auch selbst färbte mit pflanzlichen Zutaten, überhaupt der möglichst minimierte ökologische Fußabdruck: Er bildet eine der drei thematischen „Schichten“, die Karga bei der Ausstellungseröffnung im März erwähnte. Deren wichtigste ist wohl die „climate anxiety“, gemeinhin leicht stolpernd übersetzt mit „Klima-Angst“: die Anspannung also angesichts des menschengemachten Klimawandels, die auch körperliche Symptome ausbilden kann; Karga erwähnte dann auch gleich ihre eigene (Therapie-)Geschichte.

Die plüschigen Exponate im angenehm temperierten, halbdunklen Raum, dazu Sitz- und Liegegelegenheiten und etwas, das wohl als Kratz- oder Kletterbaum für Menschen bezeichnet werden muss: Es wirkt durchaus wie ein, eben, therapeutisches Angebot, das Museum und Künstlerin da unterbreiten – gestressten Groß­städ­te­r*in­nen zur Mittagszeit. Wem die ganz normale Gereiztheit nicht reicht, für den steht ein übergroßer Smartphone-Screen bereit, zum Scrollen durch Klima-Horrormeldungen. Dass zum Rahmenprogramm auch Yoga-Stunden zählten, das wäre vor einigen Jahren noch etwas mehr aufgefallen; inzwischen gibt es so was ja in vielen Museen, ganz unabhängig von den jeweils umgebenden Ausstellungen.

Die Bestände des Hauses bilden die zweite „Schicht“: Die Sammlung prähistorischer Idole, anthropomorpher Figuren mit oftmals kultisch-religiösem Hintergrund. Darüber forschte Karga rund fünf Jahre, um dann festzustellen, dass einige besonders interessante Beispiele eben hier in dem Hamburger Museum lagern. Ihre merkwürdigen Formen, so fremdartig wie archaisch, verdanken ihre Plüschobjekte also nicht dem Weltraum, sondern tönernen Figürchen aus dem 2. Jahrtausend v. Chr.; von denen sind in einem Nebenraum welche ausgestellt, dazu Tuschezeichnungen Kargas. Hier läuft auch ihr Videoessay zur weithin als arg exzentrisch abgetanen Archäologin Marija Gimbutas (1921–1994).

So gut das Interaktive, das Kuscheln also, funktioniert, auf eine jeden Intellekt umgehende Weise: Am Klimawandel ändert es nicht das Geringste, ob wir, ob je­de*r für sich lernt, sich besser abzugrenzen, die Anspannung besser zu regulieren – aber diese Nuss zu knacken, ist nun auch gar nicht Aufgabe eines ­Museums. Alexander Diehl

Valentina Karga, „Well beings“: bis 3. 9., Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe

Yoga in der Ausstellung mit Marlo Scheder Bieschin: 31. 8., 18.30 Uhr

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