kommentar: Abschied von der Illusion
Berlin hinkt dem bundesdeutschen Wirtschaftswachstum hinterher. Macht der Senat etwas falsch?
Die Berliner Wirtschaft hat ein gutes Jahr hinter sich. Spät, aber immerhin ist die Stadt dem bundesweiten Trend gefolgt. Für dieses Jahr sagt der zuständige Senator Harald Wolf ebenfalls ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt voraus, auch wenn es moderater ausfallen dürfte als im Vorjahr. Hinterher hinkt Berlin aber immer noch: Die Arbeitslosenquote beträgt immer noch ein Vielfaches der süddeutschen Zahlen; enorm viele Menschen sind länger als ein Jahr arbeitslos oder können mit ihren Jobs den Lebensunterhalt nicht bestreiten. Auch die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen ist erschreckend hoch.
Dabei macht der Senat gar nicht so viel falsch. Er setzt auf Forschung und Bildung, bietet mehr Studienplätze an als im Rahmen des Hochschulpaktes vorgesehen, fördert Investitionen. Wirtschaftssenator Wolf erhält Lob aus Politik und Wirtschaft.
Berlin wird nicht zur Boomtown werden, damit muss sich die Stadt wohl anfreunden. Entscheidungsfindungen und Prozesse werden wahrscheinlich immer länger dauern als anderswo - siehe die Verzögerungen beim Bau des Großflughafens BBI - und umstrittener sein als in anderen Städten, wie die Diskussion um Mediaspree zeigt.
Die Lasten sind einfach zu hoch: Es gibt zu viele Langzeitarbeitslose, zu viele schlecht ausgebildete Menschen, um bundesweit aufschließen zu können. Schon gar nicht wird es Berlin schaffen, sich von grenzübergreifenden Trends zu lösen: In diesem Jahr dürfte bereits die schwächere Weltwirtschaft das Wachstum bremsen. Steigt der Ölpreis weiter, könnte die Billigfliegerei ein Ende haben - und das Zugpferd Tourismus an die Kandare legen. Der Illusion vom überdurchschnittlichen Aufschwung dürfte das ein rasches Ende bereiten.
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