kommentar: Rüstungsexporteure torpedieren UN-Kleinwaffenkonferenz
Die andere Waffenruhe der G 8
Kaum ein Bereich der Weltwirtschaft ist so globalisiert wie der Handel mit Kleinwaffen. Ohne Rücksicht auf nationale Monopole und staatliche Grenzen, allein den strengen Gesetzen von Angebot und Nachfrage gehorchend, handeln Dealer und Schmuggler jährlich mit Gewehren, Pistolen und leichten Geschützen im Wert von 14 Milliarden Mark. So ermöglichen sie das Austragen der vielen kleinen Konflikte und Bürgerkriege, die täglich 1.300 Menschen weltweit das Leben kosten. Das wäre ein gutes Thema für den G-8-Gipfel in Genua, wo die Führer aller großen Rüstungsexporteure mit Ausnahme von China versammelt sind.
Während nämlich die Staatschefs in Genua über Armutsbekämpfung philosophieren, torpedieren ihre Unterhändler in New York gerade die Versuche der UNO, den Rüstungsexport unter Kontrolle zu bringen. Auf der Kleinwaffenkonferenz stellen sich die USA und Russland zusammen mit China und den Kriegstreibern der Dritten Welt mit zynischen und eigennützigen Argumenten in eine Hardlinerfront gegen die EU und einige besonders leidgeprüfte Entwicklungsländer. Das sakrosankte Recht auf freien Waffenhandel soll nicht eingeschränkt werden, fordert diese Phalanx. Wieder einmal geht der Riss mitten durch die Mächtigen dieser Welt.
Es ist paradox. Es gehört zum Gemeingut der internationalen Konfliktverhütungsdiskussion, dass Rohstoffe Kriege nähren. Von den Rohstoffexporteuren des Südens – was für Diamanten gilt, lässt sich auch für andere wertvolle Mineralien sagen – werden deswegen immer mehr staatliche Kontrollen verlangt, um zu verhindern, dass daran irgendjemand verdient, um mit dem Erlös einen Krieg zu finanzieren. Aber die Waffen, die für Kriege gebraucht werden, bleiben freies Handelsgut.
Nun ist mittlerweile auch bekannt, dass auch die besten Kontrollsysteme Schmuggel nicht verhindern können. Gerade der Rohstoffhandel und die Rüstungsindustrie entziehen sich immer weiter der staatlichen Steuerung. Je weiter die Globalisierung voranschreitet, desto schwerer regulierbar sind ihre Erscheinungsformen.
Vielleicht liegt es also nicht nur am Unwillen, dass die Staatsmänner von Genua zwar über Armut reden, aber nicht über die Kriege, die Existenzen zerstören und Menschen ins Elend stürzen. Würden sie das Thema auf ihre Tagesordnung setzen, müssten sie die Grenzen ihrer Macht eingestehen.
DOMINIC JOHNSON
ausland SEITE 9
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