kommentar von Kaija Kutter: Heime gehören auf den Prüfstand
Der Friesenhof-Skandal steuert auf einen weiteren Höhepunkt zu. Heute früh präsentieren die Oppositionsparteien erste Erkenntnisse über die vorgelegten Akten. Sie sollen Aufschluss darüber geben, ob Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) wirklich bis Mai von den Vorwürfen nichts gewusst hat?
Abseits dieser Frage kann man konstatieren, dass die Ministerin sich bislang wacker geschlagen hat. Das Mädchenheim ist längst geschlossen, schneller als im Fall der umstrittenen b randenburgischen Haasenburg-Heime. Die zuständige Leiterin der Heimaufsicht wurde versetzt, die Aufsicht personell verstärkt. Und der Verdacht auf Manipulation der Aktenvorlage ans Parlament bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Doch das darf nicht alles sein:
Der Fall Friesenhof sollte Anlass sein, die gesamte Heimlandschaft des Landes auf den Prüfstand zu stellen. Welche Heime haben noch Stufenmodelle, die für die Kinder mit einer „harten Eingangsphase“ und Kontaktsperre beginnt? Bewährt es sich überhaupt, Kinder mit Problemen in Heimen zusammen unterzubringen und mit schematischen Konzepten und harter Verhaltenspädagogik zu traktieren?
In Brandenburg setzte die damalige Jugendministerin Martina Münch (SPD) 2013 eine Expertenkommission zur Untersuchung der Haasenburg ein, deren Empfehlungen zur Schließung führten. Auch wenn der Friesenhof bereits geschlossen ist, bietet sich auch hier eine unabhängige Untersuchung an, die auf weitere Heime ausgeweitet werden kann.
Allein beim NDR-Magazin Panorama meldeten sich über 20 Ex-Bewohnerinnen und berichten von ihren Erlebnissen. Sie haben wichtiges Expertenwissen. Es spricht nichts dagegen, sie an der Aufarbeitung zu beteiligen und ihnen Gehör zu schenken.
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