kommentar von Kaija Kutter über PlatzmaNgel in Kinderschutzhäusern: Unverzichtbare Grundversorgung
Was hier passierte, darf gar nicht sein. Eine Jugendamtsmitarbeiterin entscheidet sich, kleine Kinder aus einer Familie zu nehmen, und findet nicht mal Platz in einem Kinderschutzhaus. Und wenn stimmt, was man liest, und dies kein Einzelfall ist, ist die Lage noch viel schlimmer. Platzmangel in Schutzhäusern darf jugendamtliche Entscheidungen nicht beeinflussen.
Kinderschutzhäuser bilden eine Grundversorgung. Hier müsste es dauerhaft eine Reserve an Plätzen geben, damit Schwankungen nach oben nicht zum Notstand führen.
Gleichwohl sollte man auch betrachten, dass sich die Zahl der Schutzplätze seit 2005 bereits deutlich erhöhte, von 40 auf 63. Trotz Ausbau weiterer Kinderschutzhäuser sollte man Alternativen nicht vernachlässigen. Denn das Herausnehmen aus dem gewohnten Umfeld ist für die Kinder auch ein Schock. Und vom Konzept her sind Kinderschutzhäuser ein Übergang.
Dort finden Kinder nicht die so dringend notwendigen neuen Bindungen. Deshalb ist auch die längere Verweildauer der Kinder – immerhin in einem Jahr von 83 Tagen im Schnitt auf 113 Tage gestiegen – eine problematische Entwicklung. Man kann Kinder nicht beliebig lange parken, bis sich die Institutionen über ihre Zukunft im Klaren sind. Institutionen, die oft unter Druck sind, bloß nicht das Falsche zu tun, und verständlicherweise dazu neigen, sich abzusichern.
Es geht nicht nur darum, Kinderschutzhäuser zu bauen. Es braucht auch eine andere soziale Infrastruktur, Kinder- und Familienzentren zum Beispiel, Müttertreffs, wo es Hilfe zur Selbsthilfe gibt.
Und es muss analysiert werden, wieso es dazu kommt, dass mehr Kinder in diesen Häusern sind. Man muss herausfinden, wie die Lebensbedingungen entstehen, die Kindern kein gedeihliches Aufwachsen bei ihren Eltern ermöglichen, wie Ausgrenzungsprozesse aufgehalten werden können. Gut, dass nun bald in Hamburg eine Enquetekommission zu diesen Fragen tagen wird. Etwa auch darüber, wie es gelingen kann, endlich mehr Pflegefamilien zu gewinnen.
Trotzdem haben die Jugendamtsmitarbeiter vollkommen recht, wenn sie Alarm schlagen. Das Problem muss zügig gelöst werden. Sowohl für die dauerhafte Unterbringung dieser Kinder als auch für die kurzfristige Lösung muss es mehr Plätze geben. Und wenn ein Kinderschutzhaus dann leer steht – umso besser.
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