kommentar von Benno Schirrmeister über DIE Pferdesteuer: Unter der Flagge der Besserverdiener
Jamaika ist eine Koalition der Besserverdienenden für die Vermögenden. Das war zu erwarten. Und den Beweis liefert schon der Koalitionsvertrag. Der nämlich versucht, den sinnvollen und kühnen Vorstoß Tangstedts zu unterbinden, endlich auch in Schleswig-Holstein analog zur Hundesteuer eine kommunale Pferdesteuer einzuführen.
Es ist kühn, sich mit den ortsansässigen Reichen anzulegen, sofern man kommunalpolitisch noch Ambitionen hegt. Und ja, es ist sinnvoll, wenn klamme Städte und Gemeinden sich nach Einnahmemöglichkeiten umsehen, um ihre Aufgaben zu finanzieren, die Schulausstattung, den Straßenunterhalt oder die Folgekosten des forcierten Kita-Ausbaus, den das Dreierbündnis aus CDU, FPD und Grünen forciert: Betrieb und Personal wird das Land ja wohl nicht übernehmen.
In einem Staat, der auf die Einnahmemöglichkeit Vermögensteuern generös verzichtet, ist es geradezu geboten, angehäufte Reichtümer wenigstens so zart anzuzapfen, wie Tangstedt es nun auch bei Pferden plant, und wie es bei Hunden Usus ist: Denn die unterliegen einer „Luxussteuer“, wie der Bundesfinanzhof bereits vor 30 Jahren klargestellt hat. Besteuert wird die „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Hundehalters“, die sich im Aufwand ausdrückt, die der fürs Tier betreibt. Der Hund belegt, dass Frauchen oder Herrchen genug Kohle haben. Von diesem Reichtum sollen sie bitt’schön auch etwas an die Gesellschaft zurückgeben, die ihn erst ermöglicht: Es geht um Umverteilung. Das ist die Idee.
Bei Pferden greift die erst recht. Es ist viel kostspieliger, ein Pferd zu halten als einen Hund, als Großvieheinheit verseucht es auch mehr Grundwasser als der dickste Bernhardiner. Bloß: Die Kieler Koalitionäre halten von Umverteilung nichts – die finanziellen Nöte der Kommunen sind weniger wichtig als die Vermögen ihrer WählerInnen. Entsprechend versuchen sie im Koalitionsvertrag auf Biegen und Brechen die Pferdesteuer zu vereiteln. Mit einer Lex Tangstedt will man den Kommunen sogar ausdrücklich verbieten, „Steuern auf Sportarten (beispielsweise Reitsport)“ zu erheben, so heißt es. Der Adressat ist erkennbar.
Damit dürften sie freilich auch die Axt an die Hundesteuer gelegt haben. Denn auch mit denen können Menschen Sport treiben. Man kann auch Gassi-Joggen. Und ein Jeder-Hund-Rennen ist schnell organisiert. Hoffentlich hat die schwarz-gelb-grüne Vereinbarung eine Idee parat, wie sich ein solcher kommunaler Einnahmeausfall kompensieren lässt. Wenn ja, wird sie allerdings, darauf möchte man Wetten, keinesfalls die armen Vermögenden und Besserverdienenden belasten.
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