kilometerpauschale: Autofahren macht wieder Spaß
Na super. So macht Autofahren wieder Spaß. Die Autofahrerfraktion in der Koalition nutzt die Fernfahrerproteste, um sich gründlich zu bedienen. Wenn tatsächlich die Kilometerpauschale um 20 Pfennig angehoben würde, wäre das weit mehr als eine „soziale Korrektur“. Es wäre eine Subvention fürs Gasgeben, für die Zersiedelung der Landschaft. Die Idee der Ökosteuer würde komplett untergraben.
Kommentarvon MATTHIAS URBACH
Die Kilometerpauschale wird nicht nur für die Spritausgaben, sondern auch für andere Kosten des Autos gezahlt. Wird sie nun um ein Drittel erhöht, so steigt sie deutlich stärker als der Kostenanteil des Benzins. Zudem lässt sich die langfristige Erhöhung der Pauschale nicht sinnvoll mit den kurzfristigen Schwankungen auf dem Rohölmarkt verknüpfen.
Die Pauschale hat zudem nichts mit dem angekündigten sozialen Ausgleich zu tun, denn sie nutzt allen Fahrern – egal ob sie einen Mini oder einen Benz der S-Klasse steuern. Wer wirklich soziale Härten abfedern will, muss woanders ansetzen.
Die großzügige Erstattung für Autopendler ist eine indirekte Subvention für die weitere Zerstörung der Natur. Denn die erhöhte Kilometerpauschale dürfte erst recht viele motivieren, ins Umland umzuziehen.
Gleichzeitig ist auch die so genannte Entfernungspauschale, also die verkehrsträgerunabhängige Kilometerpauschale, vom Tisch. Sie sollte die steuerliche Benachteiligung von Rad- oder Bahnfahrern beenden, ist aber nur finanzierbar, wenn die Pauschale insgesamt sinkt. Nicht nur die Regierung hatte sich das im Koalitionsvertrag vorgenommen. Selbst die Union hatte solche Pläne vorgestellt.
Jetzt also die komplette Kehrtwende – doch damit bleibt sich die Regierung treu. Erst halbherzige ökologische Reformen starten, die stets, sobald irgendeine Lobby Widerstand leistet, durch hektischen Ausgleich sabotiert werden. Die Autolobby in der SPD nutzt dabei geschickt die Gunst der Stunde, ihre Interessen gegen die Umweltpolitiker in beiden Parteien durchzusetzen.
Doch auch die Grünen lassen wenig Hoffnung: Werden sie sich tatsächlich mit dem Ausgleich für den Ausgleich begnügen? Und sich durchlavieren? Denn eine Entlastung für die Bahnpendler kann den politischen Schaden kaum beheben: Die Kilometerpauschale fürs Auto und erst recht ihre Erhöhung ist eine ökologische Fehlsteuerung. Man wird sich wohl abfinden müssen: Eine vernünftige, zusammenhängende Verkehrspolitik ist von Rot-Grün nicht zu erwarten.
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