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kabuler regierungsverhältnisse

Machtblock der Nordallianz gegen liberale Minderheit

Mehr Legitimität sollte das neue Kabinett besitzen, das Afghanistans Interimspräsident Hamid Karsai, gleichzeitig Regierungschef, Ende Juni auf der Loja Dschirga bildete. Für Afghanen wie ausländische Beobachter gleichermaßen misst sich das am Abbau des Anteils, den die so genannten Pandschiris – die junge Generation in der vorwiegend tadschikischen Nordallianz – an Schlüsselministerien besetzen: Verteidigung, Inneres, auswärtige Angelegenheiten. Dafür sollten vornehmlich Paschtunen, die größte ethnische Gruppe des Landes, nachrücken. Aus dem Trio trat lediglich Innenminister Muhammad Yunus Qanuni zurück – gleich zu Beginn der Loja Dschirga. Seinen Nachfolger, den über 80-jährigen Paschtunen Tadsch Muhammad Wardak, ließen Qanuni-Getreue ein paar Tage lang erst gar nicht an seinen Schreibtisch. Qanuni selbst musste eingreifen – Zeichen dafür, dass er dort immer noch die graue Eminenz ist. Verteidigungsminister Fahim und Außenminister Abdullah Abdullah sind nach wie vor in ihren Ämtern.

Karsai hat also die Vorherrschaft der Pandschiris keineswegs gebrochen. Sie halten nach wie vor 7 der 30 Ministerien, ihre Verbündeten haben weitere 9 Kabinettsposten inne. Bei der Kabinettsumbildung verloren sogar genau jene 3 Minister ihre Ämter, die als paschtunisch-nationalistischer Flügel in der königstreuen so genannten Rom-Gruppe galten. An ihre Stelle traten zwar ebenfalls Paschtunen, wie der Weltbank-Mitarbeiter Aschraf Ghani, der für Finanzen zuständig ist. Sie aber vertreten weniger die Stämme, sondern sind eher Technokraten.

Liberale Politiker wie Kulturminister Rahin und sein Stellvertreter Mobarez – auch der Regierungschef Hamid Karsai selbst kann zu ihnen gerechnet werden – bleiben nach wie vor in der Minderheit. Ihnen fehlt es an einer gefestigten politischen Basis – die Pandschiris dagegen stützen sich weiter auf ihre Waffen.                      J. H.

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