informatik-studium: Kurzsichtiger Aktionismus
Jetzt haben wir’s endlich: Die Hochschulen sind schuld. Weil die drei Berliner Universitäten einen Numerus clausus für Informatik einführen, müssen die Inder künftig noch zahlreicher ins Land. Wären die deutschen Professoren doch nur ein bisschen flexibler, dann könnten sie flugs ein paar tausend Computerexperten zusätzlich ausbilden – und Deutschland könnte wieder an die Speerspitze des technischen Fortschritts aufrücken.
So einfältig hörte man selbst die zweifelhafte Spezies der selbst ernannten Experten selten daherreden. Genau jene Wirtschaftsfunktionäre, die heute fehlende Ausbildungskapazitäten beklagen, haben noch vor wenigen Jahren vom Studium der Informatik abgeraten: Studentenschwemme!
So kurzsichtig es damals war, ganze Fachbereiche zu schließen wie in Schröders Niedersachsen, so kurzsichtig wäre heute eine konzeptionslose Expansion der universitären Informatik. Wer heute einen 35-Jährigen zum Professor ernennt, der muss ihn nach deutschem Beamtenrecht 30 Jahre lang beschäftigen und 50 Jahre lang bezahlen – auch wenn die Nachfrage nach Studienplätzen in diesem Fach schon nach wenigen Jahren wieder sinkt.
Aber selbst bei anhaltender Konjunktur wären die deutschen Uni-Strukturen viel zu starr für eine Disziplin, die sich so schnell wandelt wie kaum eine andere. Schon heute mokieren sich viele Informatikstudenten über Professoren, die über neuere Entwicklungen weniger wissen als sie selbst.
Nur mit Personal auf Zeit oder Dozenten aus der Praxis wird der akute Engpass zu bewältigen sein. Wer verlangt, dass die Hochschulen flexibel reagieren, der muss ihnen auch die Möglichkeiten dazu geben.
RALPH BOLLMANN
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