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hitzschlagStreiklecker bei der BVG

Dieser Tage im Innern eines ganz normalen, trägen, vielleicht etwas begriffsstutzigen BVG-Fahrscheinautomaten: Es brodelt und dampft. Denn mitten in der Sommersiesta (alle Berliner im Urlaub, die Touris kapieren die vielen Knöpfe sowieso nicht) verkünden die Berliner Verkehrsgesellschaft das Ende der Gemütlichkeit für die Automatenschar.

In Berlins U-Bahn-Stationen ist kein Platz mehr für Faulenzer. Ab sofort sollen statt veralteter Fahrscheinautomaten High-Tech-Screens den Kunden umfassenden Service bieten: sechssprachig, EC- und Kreditkartenzahlung möglich, Euros werden schon jetzt akzeptiert, ganz abgesehen von einer sich selbst erklärenden, kundenfreundlichen Benutzerführung und der Onlineumsatzabrechnung durch die BVG. Das bringt manche Automatengröße ganz schön ins Schwitzen.

Die Angst ist berechtigt. Denn statt einfach alle 736 existierenden Fahrscheindrucker auszurangieren und in den verdienten ewig dauernden Altersruhe-Sommerurlaub zu schicken, muss die BVG sparen. Und das bedeutet: Jeder Automat muss an sich arbeiten lassen. Fortbildung ist angesagt. Dafür hat die BVG Spezialisten vom Technologieunternehmen Ascom aus der Schweiz angeheuert, die nun mit technischen Tricks und Kniffen Berlins Automatenheer bis Mitte nächsten Jahres dazu motivieren sollen, in den Dialog mit den Kunden zu treten.

Die allerdings drohen mit Streik. Bei der Präsentation des ersten umgerüsteten Kollegen verweigert der benachbarte Automat standhaft die Annahme von Münzen. Lutz Nehrlich, kommissarischer Leiter der Abteilung Marketing und Vertrieb bei der BVG, nimmt es gelassen. „Anschlecken hilft!“ Einer angefeuchteten Münze können die erhitzten Automaten offensichtlich nicht widerstehen. Wir freuen uns schon auf ein Heer von Streikleckern in Berlins Untergrund. ARNIM BEBER

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