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historisches abkommenUnd Korea bewegt sich doch

„Gut, dass wir darüber gesprochen haben.“ Dieser Satz ist schon oft für Dialoge missbraucht worden, die allenfalls Alibicharakter hatten. Und er gilt auch für das innerkoreanische Gipfeltreffen in Pjöngjang. Doch trotz der Möglichkeit schwerer Rückschläge ist schon der ungewöhnliche Dialog an sich ein enormer Fortschritt, besonders vor dem Hintergrund der extrem verhärteten Fronten. Miteinander zu reden würde in Korea selbst dann Sinn machen, wenn es zu keinen greifbaren Ergebnissen geführt hätte. Die gestrige Unterzeichnung eines Abkommens rechtfertigt es aber, von einem unerwartet großen Fortschritt zu sprechen, den die Führer Nord- und Südkoreas bei ihrem ersten Treffen in der Geschichte des geteilten Landes erzielt haben.

KOMMENTARvon SVEN HANSEN

Freilich muss daran erinnert werden, dass beide Seiten bereits früher weit reichende Abkommen geschlossen haben. Diese sahen zum Beispiel die Einrichtung eines direkten Briefverkehrs zwischen den verfeindeten Bruderstaaten vor. Doch wurden diese Vereinbarungen bis heute nicht umgesetzt, die Spannungen zwischen den verfeindeten Bruderstaaten deshalb auch nicht reduziert.

Das dem Gipfel schon vorab verliehene Prädikat „historisch“ ist vollauf berechtigt. Denn es gibt – außer einer erneuten kriegerischen Zerstörung Koreas – keinen anderen Weg als den des Dialogs, um die festgefahrene Situation auf der geteilten Halbinsel zu durchbrechen. Diesen Dialog begonnen zu haben ist das historische Verdienst der beiden Kims. Sie sind über ihren Schatten gesprungen, wobei der nordkoreanische Kim den riskanteren Sprung gemacht hat. Er präsentierte sich jetzt erstmals der Weltöffentlichkeit und machte dabei eine bessere Figur als erwartet. Trotzdem gibt er weiter Rätsel auf. Denn es ist nicht klar, wie er den für sein stalinistisches Regime riskanten Spagat zwischen Machterhalt und Annäherung an den wohlhabenden Süden bewältigen will. Das deutsche Beispiel mit dem Verschwinden der DDR kann für den Führer des verarmten und isolierteren Nordkorea nur abschreckend sein.

Sollte der Gipfel die vereinbarte innerkoreanische Dynamik auslösen, werden sich die beiden Koreas jedoch bald mit den Interessen der Großmächte der Region – China, Russland, Japan und USA – arrangieren müssen. Denn an der Teilung Koreas waren diese Mächte alles andere als unbeteiligt. Und sie werden die Koreaner ungern allein ihrem Schicksal überlassen wollen.

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