heute in hamburg: „Einwegplastik vermeiden“
Kostenloser Online-Vortrag der Verbraucherzentrale: „Plastik und Verpackungen – der ganz normale Wahnsinn“: 16 Uhr. Anmeldung unter www.vzhh.de/veranstaltungen
Interview Petra Schellen
taz: Herr Jorde, erzeugt die Coronakrise mehr Platstikmüll?
Tristan Jorde: Genau werden wir es wissen, wenn der Jahresbericht der Stadtreinigung für 2020 vorliegt. Aber es ist zu befürchten, dass das besonders in Privathaushalten der Fall ist. Denn es gibt ein Übermaß an Hygieneartikeln, eingeschweißt und einwegverpackt.
Ist der Anstieg nur coronabedingt?
Nein. Schon seit dem Jahr 2000 wurde so viel Plastik produziert wie in den vorhergehenden 50, 60 Jahren insgesamt.
Dabei steigt das Umweltbewusstsein doch.
Es gibt eine große Kluft zwischen Bewusstsein und Handeln. Kunststoffverpackungen etwa drängen in alle Marktsegmente. Dabei gibt es seit 30 Jahren eine Verpackungsverordnung, deren Ziel die Reduktion von Verpackungen ist. Und seit 30 Jahren steigt sowohl der Verpackungsverbrauch insgesamt als auch der Kunststoffanteil darin. Der Einzelhandel bietet immer weniger Mehrwegverpackungen an, um sie nicht – personalintensiv – zurücknehmen zu müssen. Man setzt auf Recycling und delegiert das Problem an die Abfallentsorger.
Ist Recycling eine Lösung?
Die drittbeste, denn es ist bei vielen Stoffen problematisch. Die beste wäre Vermeidung, Weiter- und Wiederverwertung: das Ding selbst weiterverwenden und nicht schreddern, einschmelzen und Neues daraus machen.
Warum ist Plastikrecycling problematisch?
Weil es Tausende Kunststoffsorten gibt, die bei der Verwertung nicht kompatibel sind. Polyethylenfolien etwa, aus denen Einkaufstüten bestehen, kann man nur recyceln, wenn sie von einheitlicher Farbe und Qualität sind. Im Haushaltsmüll habe ich aber Joghurtbecher, Shampooflasche, Einkaufstüte, Verbundfolie und Kartonetiketten. Das können die Sortieranlagen nicht auseinanderdröseln. Deshalb haben sie viel Ausschuss und wenig sortenreinen Output, den man weitervewerten kann.
Wohin geht der Ausschuss?
Weit über die Hälfte der Haushaltskunststoffe gehen in die „thermische Verwertung“, also in Müllverbrennungsanlagen.
Und wie viel Plastikmüll wird wiederverwertet?
Offiziell 40 Prozent. Damit sind allerdings alle abgegebenen Dinge gemeint. Nicht das Wenige, das wirklich recycelt wird.
Und was schlagen Sie vor?
Es geht nicht darum, Kunststoff zu verdammen, und man soll sich nicht stressen, um jedes Gramm aus seinem Leben zu verbannen. Aber diesen sinnlos verbrauchten Einweg-Kunststoff – den in jedem Fall!
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen