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heute in hamburg„Blick hinter die Mauern ermöglichen“

Vortrag „Hartes aus Harburg. Ein Beitrag zur Kunststoff- und Sozialgeschichte“: Archäologischen Museum, Museumsplatz 2, 18 Uhr, Eintritt 4 Euro.

Interview Lena Toschke

taz: Herr Ellermeyer, Harburg wird oft nicht als gleichwertiger Stadtteil Hamburgs verstanden. Wie sehen Sie das als Historiker?

Jürgen Ellermeyer: Harburg gehört seit 1937/38 zu Hamburg wie auch die Stadtteile Altona und Wandsbek – da würde man ja auch nicht infrage stellen, dass die zu Hamburg gehören. Ich glaube, dass viele Leute vielleicht auch ein bisschen Dünkel haben. Harburg hat lange versucht, in Konkurrenz mit Hamburg größer zu werden, das nicht geschafft und wurde dann durch die Industrie nicht unbedingt beliebt bei städtischen Bewohnern. Aus Hamburger Sicht hat man meist so eine Generalvorstellung von Harburg als unansehnlich, aber in Harburg ist das selbst sehr unterschieden in feinere und weniger feine Viertel.

Inwiefern hat sich Harburg über die Jahre verändert?

Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts ist Harburg durch die Industrialisierung enorm gewachsen, und das führte natürlich auch zur Zuwanderung von nah und fern. Aus der kleinen Stadt, die mal zur Herzogenzeit als Residenzstadt profitierte, aber wirtschaftlich nicht weitergekommen war, wurde durch die Industrialisierung eine ganz andere städtische Lebensform.

Welche Rolle spielte die Kautschukindus­trie bei der Entwicklung Harburgs?

Die Kautschukindustrie war etwas grundsätzlich Neues, es gab keine handwerklichen Vorläufer. Für Harburg war sie von der Beschäftigtenzahl her und auch in der Produktvielfalt sehr bedeutsam, und die Gummibetriebe brachten auch Steuereinkünfte für die Stadt.

Warum haben Sie ein ganzes Buch darüber geschrieben?

Jürgen Ellermeyer

78, ist Historiker und Autor des Buches „Gib Gummi! Kautschukindustrie und Hamburg“.

Mich interessiert: Wie kommen Menschen zu diesen Produkten? Kautschuk ist kein Rohstoff, den man einfach aus Übersee holt. Der muss dort erst einmal gewonnen werden. Da hängt natürlich viel Kolonialgeschichte dran, der ja jetzt größere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Es ist also eine materialkundliche und eine arbeitsgeschichtliche und damit auch eine soziale Seite der Geschichte, die ich erforsche.

Welche Spuren gibt es in Harburg davon?

Wir sehen die Mauern immer nur von außen. Jetzt geht es darum, wie man die von Industriebetrieben verlassenen, teils gewaltigen Gebäude in Harburg nutzen kann. Und da gibt es natürlich auch einen Streit zwischen „Kann weg“ und dem Interesse daran, Stadtgeschichte sichtbar zu machen. Ich versuche, einen Blick hinter die Mauern zu ermöglichen.

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