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heute in hamburg„Techno funktioniert leise nicht“

Freiluftkino mit dem Doku-Film „Raving Iran“: 19 Uhr, im Innenhof von Südpol Hamburg, Süderstraße 112

Interview Lotta Drügemöller

taz: Herr Empen, im Dokumentarfilm „Raving Iran“ veranstalten die DJs Arash und Anoush im Iran geheime Techno-Partys. Wie geht das – ganz, ganz leise?

Hark Empen: Techno funktioniert leise nicht. Nein, man geht in die Vorstädte oder, wie im Film geschehen, in die Wüste. Der Film zeigt damit ein Paradox der globalisierten Gesellschaft: Leute überall auf der Welt wissen, was in Hamburg, Berlin, Chicago geht. Sie kennen Techno, aber sie dürfen ihn nicht feiern. Gegen diese Frustration werden sie dann kreativ.

Einer der Protagonisten wurde zwischendurch festgenommen. Fühlt sich das Regime durch Raves bedroht?

Techno steht für Freiheit und kommt aus der „westlichen Welt“. House-Musik geht in ihrem Ursprung auf marginalisierte Gruppen zurück, sie kommt aus der Black Community und wurde von Homosexuellen gefeiert. Das passt nicht mit den Werten des theokratischen Regimes im Iran zusammen.

Trotzdem hat Techno eher ein unpolitisches Image. Würde euer Klubkollektiv, das in der Elektroszene verankert ist, eine Filmvorführung wie diese hier in normalen Zeiten machen?

Wir leben jedenfalls keinen klassischen Hedonismus, der nur am Feiern hängt. Techno und House haben einen politischen Ursprung, das sollte man nicht vergessen. Uns ist wichtig, dass wir explizit Leute einladen, die marginalisiert sind. Und es gab bei uns schon immer andere Formate als ausschließlich Partys. Die cineastische Keimzelle, die den Film bei uns zeigt, ist schon lange mit uns verbunden.

Während der Coronakrise können Alternativen zum Klubbetrieb lebensnotwendig werden. Sehen Sie Ihre nahe Zukunft jetzt eher als Kino?

Hark Empen

30, ist Teil des Betrei­ber*innenkol­lektivs beim Klub-Kollektiv Südpol.

Nein, aber wir machen das weiter, was geht: moderiertes Tischtennis mit Abstand, Bingo, auch Kino. Solange das Wetter mitspielt, können wir dafür den Innenhof nutzen.

Aber irgendwann ist es dann vorbei?

Wir bekommen großen Support. In einer Crowdfunding-Kampagne haben uns fast 2.000 Leute unterstützt, dafür sind wir super dankbar: Bis Ende des Jahres können wir unsere Miete zahlen, danach müssen wir schauen. Es braucht auch politische Lösungen: Geld, zum einen. Aber nicht nur: Vor zwei Tagen hat die Stadt eine Förderinitiative für Open-Air-Veranstaltungen gestartet. Das ist ja ganz schön – aber ehrlich: Mitte August mit einem Förderprogramm für draußen anzukommen, ist eigentlich zu spät.

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