heute in hamburg: „Medienkompetenz ausgebaut“
Diskussion „Mitmischen und Aufrütteln: Digitaler Aktivismus als Ausdruck einer neuen Jugend-Protestkultur?“: 19.30 Uhr, Universität Hamburg – Hauptgebäude, Erwin-Panofsky-Hörsaal, Edmund-Siemers-Allee 1, Eintritt frei
Interview Katharina Gebauer
taz: Frau Baringhorst, ist die Jugendkultur durch die sozialen Medien politisch aktiver geworden?
Sigrid Baringhorst: Es gibt ja nicht nur die eine Jugendkultur. Die Jugendlichen von Fridays for Future etwa sind sehr präsent auf Social Media, viele Jugendliche wählen aber auch die AfD. Interessant ist, inwieweit die sozialen Medien den jugendlichen Werteorientierungswandel stützen. Social Media stellt vor allem eine Erleichterung dar, was politische Beteiligung und Mobilisierung angeht.
Kann diese Jugendprotestkultur ohne die sozialen Medien überhaupt funktionieren?
Die Bewegungen um Fridays for Future haben einen beeindruckenden Lernprozess hinter sich, was die Nutzung von Social Media angeht: Es existieren mittlerweile viele Arbeitsgruppen und die Bewegung tritt kritisch und selbstreflektiert auf. Sie setzen sich mit Bots auseinander und wollen einen höflichen und demokratischen Umgang miteinander. Die Bewegung hat ihre Medienkompetenz weiter ausgebaut und für ihre effektive Kooperationsform genutzt.
Steckt dahinter wirklich politische Mitgestaltung oder birgt diese Form auch Gefahren?
Sigrid Baringhorst, 61, ist Politikwissenschaftlerin an der Universität Siegen.
Die sozialen Medien haben den Vorzug, direkt untereinander kommunizieren zu können. Es ist leicht, an Informationen zu gelangen, allerdings gibt es auch keine Qualitätsprüfung. Der Umgang mit sozialen Medien kann also auch in eine antidemokratische Richtung gehen. Deshalb ist es wichtig, sich in diesen Experimentierräumen auszuprobieren, aber auch die Brücke von humorvollen Videos zu politischen Argumenten zu finden. Für politische Partizipation braucht es kritische Reflexion.
Wie kann die Politik dieses Engagement für mehr demokratische Teilhabe nutzen?
Eine Herausforderung innerhalb liberaler Demokratien ist mehr Partizipationsbereitschaft unter Jugendlichen. Mit den starken mobilisierten Bewegungen sind durch bestimmte Themen gelenkt worden. Die Frage ist nun, ob es Bewegungen wie Fridays for Future gelingt, sich in politischen Parteien wiederzufinden und sich diesen anzuschließen. Den politischen Akteuren muss es gelingen, Themen aus dem zivilgesellschaftlichen Raum dann in das Parlament zu bringen und demokratisch aufzuarbeiten.
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