piwik no script img

heute in hamburg„Menschen werden dehumanisiert“

Vortrag „Tier-Metaphern: Von ‚Ratten‘ und Menschen“: 19 Uhr, Centro Sociale (Saal), Sternstraße 2, Eintritt frei

Interview Katharina Gebauer

taz: Frau Mathias, was macht die Nutzung von Metaphern so komplex?

Alexa Mathias: Die Komplexität besteht darin, dass Metaphern einen sprachlichen Ausdruck haben, der stark abhängig von einem bestimmten Kontext einer bestimmten Sprachgemeinschaft ist. Metaphern sind Ausdrücke, die nicht so im Wörterbuch zu finden sind. Es sind sprachliche Zeichen, die auf etwas anderes referieren als ihre eigentliche Bedeutung. Dabei werden zwei Sphären verbunden, die nichts miteinander zu tun haben: Wenn etwa ein Moderator einen Fußballspieler als den Motor einer Mannschaft bezeichnet. Dann wird eine technische Bedeutung auf einen Menschen übertragen.

Wie nutzen wir speziell Tier-Metaphern in unserem Sprachgebrauch?

Metaphern sind zwar nicht immer Schimpfwörter, aber gerade bei Tieren finden wir viele negative Metaphern: Wenn ich einen Menschen als Ratte oder Schwein bezeichne. Damit übertrage ich gleichzeitig auch das Attribut „Schädling“ oder „dreckig“ des Tieres auf den Menschen. Das muss nicht mal stimmen, aber wir verbinden die Tiere in einer bestimmten Gesprächssituation mit dieser Bedeutung.

Gibt es nur negative Tier-Metaphern?

Alexa Mathias, 50, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Seminar der Leibniz Universität Hannover.

Nein, in einem anderen Kontext wie etwa bei dem Ausdruck „Schwein gehabt“ kommt dem Tier eine positive Bedeutung zu, nämlich die von Glück. Diese Metapher ist ein sogenanntes Phrasem, eine feste idiomatisierte Redewendung. Die Bedeutung geht dann eben über die rein wörtliche Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinaus. Man kann sie meist nicht sinngemäß in andere Sprachen übersetzen. Es gibt aber auch Ausdrücke, die überhaupt nicht wertend sind.

Warum ist es denn so schlimm, wenn mich jemand ein Schwein nennt?

Man nutzt diese Metaphern, um andere Menschen zu dehumanisieren, zur Entmenschlichung. Dadurch werden eine bestimmte Gruppe von Menschen oder auch einzelne Personen herabgesetzt, weil man ihnen menschliche Attribute abspricht. Besonders Tier-Metaphern werden dafür genutzt, weil viele Menschen den Tieren eine negative Bedeutung zusprechen, sei es kultur- oder traditionsbedingt. Speziell der Hund kann in einigen Sprechkulturen positiv konnotiert sein, etwa, wenn ich jemanden in Süddeutschland „einen Sauhund“ nenne. Im arabischen Sprachraum dagegen ist es sehr negativ und abwertend gemeint. Redewendungen gibt es in jeder Sprache, deren Bedeutung ist überall anders.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen