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heute in hamburg„Politik gegen das Auto ist mir zu defensiv“

Foto: Privat

Martin Bill, 34, ist verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion.

Interview: Petra Schellen

taz: Herr Bill, ist „HVV für lau“ eine gute Idee?

Martin Bill: Ich halte es für eine gute Idee, die Debatte zu beginnen. Ein kostenloser HVV ist aber kein Allheilmittel. Nicht-Nutzer nennen bei Befragungen vor allem eine unzureichende Taktung und ungünstige Verbindungen.

Der Preis ist kein Hindernis?

Natürlich wird das auch genannt. Oft wird moniert, dass man nur mühsam das günstigste Ticket findet. Aber insgesamt glaube ich, dass vor allem das Angebot besser werden muss.

Wie viel Geld würde fehlen, wenn der HVV kostenlos wäre?

Im gesamten HVV würden 830 Millionen Euro jährlich an Fahrgeldeinnahmen wegfallen. Außerdem müsste man wegen der höheren Auslastung weitere Busse und Bahnen anschaffen.

Hauptmotivation für einen Umsonst-HVV wäre der Klimaschutz, richtig?

Ja, wir versuchen die Luftqualität in Hamburg zu verbessern. Darüber hinaus geht es um Lebensqualität: Wie viel öffentlichen Raum stellen wir dem Autoverkehr zur Verfügung, wie viel für Parks? Wenn wir den öffentlichen Nahverkehr fördern, haben wir mehr Platz, um die Lebensqualität im öffentlichen Raum zu verbessern, weil dann weniger Autos fahren. Denn Autos brauchen mehr Platz als der HVV, da werden also Flächen frei.

Im estnischen Tallin fahren seit Einführung des kostenlosen Nahverkehrs keineswegs weniger Autos. Warum sollte das in Hamburg anders sein?

Wir hegen die Hoffnung, dass es durch die Förderung des HVV weniger Autoverkehr gibt und wir den so gewonnenen Raum anders nutzen können.

Man könnte auch ganz konkret eine City-Maut für Autos einführen, die einen Teil der 830 Millionen Euro wieder einspielt.

Mir fallen noch viele Varianten ein, und ich schätze die Debatte. Ich glaube aber nicht, dass am Ende der Umsonst-HVV herauskommt. Und eine gegen den Autoverkehr gerichtete Politik finde ich zu defensiv. Ich möchte lieber in den Vordergrund stellen, wofür wir sind, nicht wogegen. Es bringt nichts zu sagen: Wir wollen auf Teufel komm raus etwas gegen den Autoverkehr tun.

Als Grünenwähler kann ich das aber erwarten.

Als Grünenwähler können Sie erwarten, dass wir uns für Lebensqualität einsetzen. Und dass uns in der Abwägung zwischen Grünfläche und Parkplatz in der Regel die Grünfläche wichtiger ist.

Diskussion „HVV für lau“ mit den Grünen-Politikern Anjes Tjarks und Martin Bill sowie Oberingenieurin Philine Gaffron und Hochbahn-Vorstand Henrik Falk: 19.30 Uhr, Rathaus

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