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heute in hamburg„Ich versuche so, stückchenweise zu verstehen“

Foto: privat

Janina Luckow, 30, hat dieses Jahr ihren Master in Kommunikationsdesign an der HAW gemacht.

Interview Leif Gütschow

taz: Frau Luckow, was sind für Sie die wichtigsten Ursachen für Flucht und Migration?

Janina Luckow: Es gibt koloniale Kontinuitäten, etwa die Ausbeutung ganzer Kontinente. Die dadurch geschwächten Länder bieten einen Nährboden für Kriege, da die Ausbeutung von Ressourcen durch religiöse Gruppen, islamistische als auch christliche, instrumentalisiert wird.

Ausgangspunkt Ihrer Arbeit ist die „List of Deaths“, in der seit 1993 Daten von Menschen sammelt werden, die auf ihrem Weg nach Europa gestorben sind.

Ja, das ist eine Liste, die öffentlich ins Netz gestellt wurde. Der Ansatz ist, dass weitere Gruppen, seien es JournalistInnen oder Künstlerinnen, das Thema weiter bearbeiten können.

Und wie bearbeiten Sie dies weiter?

Ich lese die Liste subjektiv, das heißt aus meinem Background als Kommunikationsdesignerin heraus. Ich lenke meinen Blick auf zwei Spalten dieser Liste, auf das Todesjahr und das Herkunftsland der Verstorbenen. Erst mal zähle ich dann, wie viele Menschen zu einem gewissen Zeitpunkt geflüchtet sind, und wo diese Menschen herkommen. Dann gehe ich weiter zu Youtube, Wikipedia oder anderen öffentlich zugänglichen Quellen. Ich versuche so stückchenweise zu verstehen, was zu der Zeit und in dem Land passiert ist.

In Ihrer Ausstellung eröffnen Sie einen interaktiven Wissensraum. Wie genau machen sie das?

Ich lege ein ungefähr 100 Quadratmeter großes Diagramm aus PVC auf den Boden, auf der meine Recherchen netzartig verlinkt sind. Über ein Tablet können diese Inhalte an den Punkten und Linien auf dem Boden aufgerufen werden. Das Tablet kann über eine Kamera und eine spezielle App die Kombination von einem Jahr und einem Land lesen. Dann werden die von mir gesammelten Inhalte auf dem Bildschirm gezeigt.

Das heißt, was jeweils entdeckt wird, hängt auch mit der Neugier der Besucherinnen und Besucher zusammen?

Genau. Das ist auf jeden Fall sehr abhängig von den einzelnen Besuchern. Natürlich ist es auch möglich, sich nur dieses Diagramm allein anzusehen. Aber dann bleibt es bei einer sehr flachen Lesart. Wer etwas mehr entdecken will, hat durch das Tablet die Möglichkeit, Hintergründe zum Vorschein kommen zu lassen.

Interaktive Ausstellung „Working with the List of Deaths“, 19 Uhr, Affenfaust-Galerie, Paul-Roosen-Straße 43, Eintritt frei

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