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heute in hamburg„Es ist etwas Jüdisches zurückgekehrt“

Foto: privat

Michael Heimann, 62, Anwalt und Steuerberater, organisiert im jüdischen Salon Veranstaltungen zum Thema Philosophie und Religion.

Interview Ella Klees

taz: Herr Heimann, wieso wurden vor zehn Jahren der jüdische Salon und das Café Leonar im Gindelviertel ins Leben gerufen?

Michael Heimann: Die Gründerin und Vorsitzende des jüdischen Salons, Sonia Simmenauer, hatte den Wunsch, das Jüdische wieder im Grindelviertel zu verankern. Sie wollte mit dem jüdischen Salon die jüdische Kultur zurückbringen, wollte zeigen, was durch den Holocaust verschwunden ist, da sie selbst eine Vergangenheit mit dem Thema hat. Es ging darum, den Ansätzen der deutsch-jüdischen Kultur Ausdruck zu geben.

Und das Café?

Vor dem Zweiten Weltkrieg war das Grindelviertel sehr jüdisch geprägt, es gab eine Vielzahl von jüdischen Geschäften, Cafés, Restaurants. Das jüdische Café Leonar soll das in Erinnerung rufen und ein Ort sein, wo Juden und nicht-jüdische Menschen aufeinandertreffen können, so wie früher.

Wer kommt ins Café und zum Salon?

Es von Anfang an so geplant, dass sowohl Juden als auch Nicht-Juden dorthin kommen und das funktioniert auch. Zugegebenermaßen sind es momentan mehr nicht-jüdische Deutsche, was aber auch mit der Verteilung der Bevölkerung zusammenhängt. Es soll aber kein Ort nur für jüdische und kein Ort nur für nicht-jüdische Menschen sein, sondern ein Ort, um sich zu begegnen und miteinander zu sprechen.

Was kann man denn in dem jüdischen Salon überhaupt machen?

Wir wollen dort keine Religionsausübung machen, sondern die jüdische Kultur repräsentieren und deren Vielfältigkeit. Wir organisieren Veranstaltungen zu verschiedenen Themen, ich zum Beispiel zu Philosophie und Religion, auch der Literatur widmen wir uns. Da es ein Salon ist, diskutieren und sprechen wir sehr viel über unsere Themen, wodurch eine ganz besondere, sehr konzentrierte Atmosphäre herrscht.

Wie hat sich das Grindelviertel durch den Salon und das Café verändert?

Es hat sich vieles verändert, denn als wir das Café und den Salon gegründet haben, gab es noch nichts Jüdisches im Grindelviertel. Ein halbes Jahr später wurde dann dort die Talmud-Tora-Schule als jüdische Schule wieder in Betrieb genommen, und dies beides zusammen hat für sehr viel mehr jüdisches Leben im Grindelviertel gesorgt. Es ist natürlich nicht wieder das, was es vorher war, das kann es nicht sein. Aber es ist immerhin etwas Jüdisches zurückgekehrt.

Geburtstagsfeier des jüdischen Salons und des Café Leonar mit Kultursenator Carsten Brosda: 19.30 Uhr. Grindelhof 59. Im Januar gibt es mehrere Veranstaltungen anlässlich des zehnjährigen Bestehens, Infos auf www.salonamgrindel.de

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