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heute in hamburg„Die Lage ist verheerend“

SOLIDARITÄT Schauspieler Rolf Becker lädt zum Griechenland-Abend mit Musik nach Steilshoop

Foto: dpa
Rolf Becker

81, Schauspieler, steht seit 1957 auf der Bühne, ist politisch engagiert und macht Lesungen, etwa mit Heine-Texten.

taz: Herr Becker, warum laden Sie heute in ein ehemaliges griechisches Restaurant in Steilshoop ein?

Rolf Becker: Das Stadtteilzen­trum „Agdaz“, das dort residiert, hat mich eingeladen, von meinen Reisen nach Griechenland zu berichten. Ich werde begleitet von dem Musiker Vasilis Pegidis.

Was verbindet Sie mit Griechenland?

30 Jahre Besuche. Früher auf Kreta, jetzt in Athen. Ich war zuletzt im September dort mit Gewerkschaftskollegen. Wir haben soziale Einrichtungen besucht, mit Politikern gesprochen, sowohl der Syriza-Koalition als auch mit der Gegenfront, der Volkseinheit. Wir haben das Aluminiumwerk und Arbeiterzen­trum Livadia besucht und waren im Dorf Distomo, wo die Wehrmacht im Krieg 200 Menschen ermordete.

Und wie ist die Lage heute?

Verheerend. Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Auch weil das „Ochi“, das Nein der Bevölkerung zum Spardiktat von Präsident Alexis Tsipras, umgedeutet wurde und das Land immer noch Schulden zurückzahlen muss. Der Bevölkerung geht es sehr schlecht.

Ein Beispiel?

Wir besuchten ein Arbeitslosenzentrum bei Piräus. Dort mühen die Erwachsenen sich ab, dass die Kinder in der Schule was zu essen haben, um Hefte und Bleistifte für den Unterricht zu kaufen. Oder man hilft Familien, deren Strom abgeschaltet ist. Man versucht irgendwie zu helfen. Es passiert auch Illegales wie Stromklau, damit Menschen am Leben bleiben. Ärzte arbeiten in ihrer Freizeit in privaten Kliniken, weil ein Drittel der Griechen nicht mehr krankenversichert ist.

Ist es gut, dorthin zu reisen?

Ja. Gott sei dank kommen Touristen. Deshalb merken Sie, wenn Sie als Urlauber an die Küsten fahren, von dem Elend nicht viel. Aber zwei Drittel der zehn Millionen Griechen wohnen in den drei großen Städten Athen, Thessaloniki und Heraklion. Die Kinder leben von den Renten der Alten.

Was fordern Sie?

Griechenland braucht einen Schuldenschnitt, wie es Obama fordert. Das Land wurde von Deutschland im Krieg überfallen. Es gab nie Reparationen.

Und was kann man selbst tun?

Geld spenden für diese Privatkliniken zum Beispiel. Und sich für dieses Land interessieren. Vasilis wird Lieder von Theodorakis und anderen vortragen, wir möchten auch etwas von der Poesie Griechenlands zeigen.

Interview: kaj

Griechenland-Abend mit Rolf Becker, Cesar-Klein-Ring 40, 19.30 Uhr, Eintritt 4 Euro

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