heute in bremen: „Es soll niemand an den Pranger gestellt werden“
Peter Ansorge, 59, ist wissenschaftlicher Angestellter im Fachbereich Informatik der Uni Bremen und Vorsitzender der Bremischen Stiftung Rüstungskonversion und Friedensforschung.
Interview Simone Schnase
taz: Herr Ansorge, was bedeutet der Begriff „ziviler Betrieb“?
Peter Ansorge: Das ist ein Betrieb, der nicht an der Herstellung oder dem Vertrieb von Rüstungsgütern beteiligt ist. Wir haben in einer Umfrage festgestellt, dass 72 Prozent der BremerInnen Rüstung ablehnen und über 90 Prozent es wichtig finden, darüber informiert zu sein, ob sich ein Betrieb an Rüstung beteiligt oder nicht.
Und dafür haben Sie ein Label entwickelt?
Wir wollen ein Label für zivile Betriebe, ähnlich dem Umweltengel oder dem Fair-Trade-Label. Dafür kooperieren wir bereits mit der evangelischen Kirche Baden und der Friedensinitiative der Informatiker – aber wir stehen noch am Anfang.
Also eine bundesweite Aktion?
Das Label kann nur wirken, wenn es bundesweit eingesetzt wird. Es hat ja auch viele Vorteile für Betriebe, gerade angesichts des Mangels engagierter Fachkräfte. Start-Ups werden vielleicht ihre Grundausstattung genau bei solchen Betrieben kaufen.
Gibt es denn viele Unternehmen, die an Rüstung beteiligt sind – also außer den ohnehin bekannten?
Ja, aber die nenne ich jetzt nicht. Das Label soll ja jene ausweisen, die eben nicht beteiligt sind. Es soll ja niemand an den Pranger gestellt werden.
Vortrag von Peter Ansorge „Ziviler Betrieb – was heißt das?“ und anschließende Diskussion: 19 Uhr, Übersee-Museum
Was muss ein Betrieb nachweisen, um das Label zu bekommen?
Natürlich weiß man nie, ob eine Schraube für zivile Zwecke genutzt wird oder in einem Panzer landet. Deswegen sollen sich die Betriebe zu drei Grundsätzen bekennen: Sie arbeiten nur für den Frieden und zivile Zwecke. Sie beteiligen sich nicht an der Entwicklung und Herstellung von Kriegsmaterial und sie arbeiten nicht für das Militär und seine zivilen Einrichtungen. Wer sich dazu nicht guten Gewissens bekennen kann, der wird das Label nicht wollen.
Gehen Sie aktiv auf Unternehmen zu und bieten das Label an?
Bis zum Herbst suchen wir noch weitere Kooperationspartner und dann wollen wir beginnen, im größeren Stile einzelne Unternehmen anzufragen. Ich denke, gerade Start-Ups, die sich bereits über die Zivilklausel definieren, werden viel Interesse haben. Aber auch von etablierten Unternehmen haben wir schon positive Signale bekommen.
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