piwik no script img

heute in bremen„Anderer Heimatbegriff als Seehofer“

Foto: privat

Klaus Lies, 74, pensionierter Mathematiklehrer, Vorstandsmitglied im Landesverband der Gartenfreunde und des Kleingärtnervereins Blockdiek.

Interview Benno Schirrmeister

taz: Herr Lies, wieso laden die Gartenfreunde den Hallenser SPD-Abgeordneten Karamba Diaby ein?

Klaus Lies: Das geht noch auf den Wahlkampf im vergangenen Jahr zurück: Sarah Ryglewski hat unsere Kleingartenanlage in Blockdiek besucht, und ich hatte zuvor „Mit Karamba in den Bundestag“ gelesen, die Biografie von Herrn Diaby, und sie gefragt, ob sie uns in Kontakt bringen kann.

Warum?

In dem Buch erzählt er, wie er aus dem Senegal zum Chemie-Studium in die damalige DDR gekommen ist, nach Halle, wo er schließlich eine Dissertation verfasst hat – über die Schwermetallbelastung der dortigen Kleingärten. Ein Kapitel seiner Biografie handelt von seinen Recherchen, und wie er dabei mit den Leuten dort in Gesprächs gekommen ist – und sie mit ihm. Es heißt: „Wie ich lernte, den Laubenpieper zu lieben“. Das hat uns natürlich elektrisiert.

Also kann in der Kleingartenanlage Integration gelingen?

Klar. Unter den Leuten, die Kleingärten haben, gibt es immer eine große Nähe. Man interessiert sich für das, was der Nachbar macht, weil man dadurch sehr direkt betroffen ist. Wenn der Nachbar grillt, riecht man das nicht nur, sondern bekommt auch mal eine Wurst in die Hand gedrückt. Manchmal ärgert man sich halt auch, dass es lauter wird, und verständigt sich über gemeinsame Regeln. Integration geschieht dabei von selbst.

Das Vorurteil bringt Kleingärten eher mit Ausgrenzung in Verbindung …

Diskussion mit Karamba Diaby und Sarah Ryglewski, beide SPD, 17 Uhr, FlorAtrium, Johann-Friedrich-Walte-Str. 2, Bremen-Horn

Das ist wirklich ein Vorurteil: Ich bin seit Jahrzehnten leidenschaftlicher Kleingärtner und habe so etwas nie so erlebt. Es gibt wie immer und überall im täglichen Leben auch in Kleingartenanlagen Ausgrenzung – aber vermutlich weniger. Bei uns hier in Blockdieck ist sicher die Hälfte der Parzelleneigentümer migrantisch. Manche sprechen anfangs kaum Deutsch. Aber das ändert sich.

Sie diskutieren heute aber nicht nur über Kleingärten?

Nein, das ist nur der Anknüpfungspunkt. Es wird sicher um andere, bundespolitische Fragen gehen, um das Asylrecht und vielleicht auch um den Heimatbegriff: Herr Diaby nennt Halle seine Heimat. Das klingt für mich, als hätte er ein anderes Konzept als beispielsweise Innenminister Horst Seehofer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen