piwik no script img

heute in bremen„Helmut Kohl hat alles auf Null gesetzt“

Foto: privat

Axel Troost, Jahrgang 1954, saß bis 2017 im Bundestag, ist stellvertretender Vorsitzender der Linken.

Interview: Gareth Joswig

taz: Herr Troost, Sie wollen eine Vermögenssteuer. Muss ich mir jetzt Sorgen machen, wenn ich, sagen wir, Opas Haus erbe?

Axel Troost: Dummes Zeug. Wer Omas Häuschen, Goldkettchen oder auch teure Bilder erbt, ist von der Vermögenssteuer nicht betroffen. 95 Prozent der Bevölkerung würden gar nicht erfasst oder befragt. Nur die reichsten fünf Prozent müssten offenlegen, wie ihre Verhältnisse sind. Das sind in Deutschland 500.000 bis 700.000 Personen.

Würde diese Steuer etwas daran ändern, dass es in Bremen viele übermäßig Reiche und extrem viele Arme gibt?

Soziale Ungleichheit kann man nicht mit einer Einkommensteuer beheben. Es gibt zwar keine Einzeldaten für Bremen, aber das Ausmaß der Ungleichheit machen die Bundeszahlen deutlich: Von dem deutschen Gesamtvermögen von 12,1 Billionen Euro haben die untersten fünfzig Prozent gerade mal 2,4 Prozent – die reichsten ein Prozent besitzen 32 Prozent des Gesamtvermögens: 3,5 Billionen. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass wir wieder eine Vermögensteuer erheben müssen. Dafür schlagen wir eine Freigrenzen von einer Million Euro Nettovermögen vor.

Kann Bremen auf Länderebene die Vermögenssteuer einführen?

Nein. Das ist die verrückte Situation, dass Vermögens- und Erbschaftssteuer zwar laut Grundgesetz den Ländern zustehen, aber die Einführung nur der Bund beschließen kann. Einzelne Bundesländer, insbesondere sozialdemokratische und grüne sollten sich jedoch überlegen, ob und wie sie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer wollen, sodass man über Landtag und Bundesrat auf die Regierung einwirken kann.

Warum wurde die Vermögenssteuer überhaupt abgeschafft?

Diskussion: „Mit Steuern umsteuern! Millionärssteuer in Bremen!“ Geladen hat die Linksfraktion, neben Axel Troost spricht Klaus-Rainer Rupp. Martinsclub, Buntentorsteinweg 24

Sie ist nur ausgesetzt, weil das Verfassungsgericht 1997 entschieden hat, dass die Erhebung von Geldvermögen im Vergleich zu Immobilienbesitz ungerecht ist. Der damalige Kanzler Kohl hat einfach alles auf Null gesetzt und ließ beide Steuern ruhen. Die Vermögenssteuer ist aber auch heute noch verfassungskonform.

Warum brauchen wir sie jetzt?

Ab 2019 greift die Schuldenbremse für die Länder. Ohne neue Kredite können Finanzen beim Ausbleiben von Wachstum schnell eng werden. Eine Vermögenssteuer wäre eine wichtige Entlastung und ermöglicht zusätzliche Ausgaben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen