heute in Bremen: Noch längst nicht Geschichte
TAZ.salon Was tun mit den kolonialistischen Hinterlassenschaften? Ein Vorschlag zur Debatte
Kolonialismus war nicht bloß eine kurze Phase. Das Verbrechen des Kolonialismus war eine der prägenden Bewegungen der europäischen Geschichte seit Beginn der Neuzeit, spätestens ab der Beschlagnahme und Eroberung der amerikanischen Territorien. Seine Wirkung entfaltet sich bis weit hinaus über sein offizielles Ende durch die Entlassung der Westsahara 1975. Nicht nur die aktuellen Kriege und Konflikte des Trikonts, sondern auch der Reichtum des Nordens und die rassistischen Denkmuster westlicher Kulturen sind tief durch ihn geprägt. Wie soll man mit einem solchen Erbe umgehen, fragt der taz.salon heute Abend: Lässt es sich überwinden – und wie?
Die Frage stellt sich in besonderem Maße in Bremen, das sich selbst vor nicht einmal 100 Jahren als Stadt der Kolonien inszenierte und mit der Enthüllung eines nationalen Kolonial-Ehrenmals feierte. Die Umwidmung des Elefanten zum Antikolonial-Denkmal war 1990 ein erster Schritt auf dem Weg, diese unselige Tradition zu überwinden. Mittlerweile ist er um ein eigenes Denkmal für die Opfer des 1904 begonnenen und vor 110 Jahren, am 31. März 1907 beendeten Genozids an den Herero und Nama ergänzt und mit großer denkmalpflegerischer Hingabe restauriert worden.
Es gibt eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher und wissenschaftlicher Projekte, die nach einem angemessenen Umgang mit den kolonialistischen Hinterlassenschaften fragen, und immerhin gibt es auch die erklärte und von der Bürgerschaft beschlossene Absicht, ein Erinnerungskonzept aufzulegen. Auf das allerdings wartet die Öffentlichkeit auch schon wieder seit etwas über einem Jahr. Und Widerstand ist stets dort erfolgreich, wo er sich gegen die Umbenennung von Straßen wendet, die den Namen von rassistischen Folterern verewigen.
Darüber, wie Dekolonialisierung aussieht, welche Anforderungen sie an Deutschland und Bremen stellt, und wie in diesem Kontext auf konkrete, materielle Forderungen beispielsweise nach Reparationen zu reagieren ist, diskutieren Wiebke Ahrndt, Direktorin des Überseemuseums, Ahmed Guled, Vorstand des Afrika Netzwerks Bremen, Kerstin Knopf, Co-Direktorin des Instituts für postkoloniale und transkulturelle Studien der Uni Bremen, Nadja Ofuatey-Alazard, Artist in Residence der Uni Bremen, und Ralph Saxe, Vorsitzender von Der Elefant e.V. mit Redakteur Benno Schirrmeister. (taz)
19 Uhr im Lagerhaus, Schildstraße 12–19
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