heute in Bremen: „Nazis lesen das nicht“
Hitler Die Friedrich-Naumann-Stiftung lädt zu Vortrag und Diskussion über „Mein Kampf“
40, ist Historiker und Mitherausgeber der kritischen Edition von Hitlers „Mein Kampf“.
taz: Herr Töppel, Sie haben sich jetzt jahrelang mit Adolf Hitlers „Mein Kampf“ beschäftigt. Wie schreibt er denn so?
Roman Töppel: Hitlers Schreibstil ist eher ein Redestil: Oft fängt es ruhig an, steigert sich dann wie ein Crescendo und gipfelt in Schlagworten, so wie man es auch aus seinen Reden kennt.
Also eine mitreißende Lektüre?
Naja: Oft sind es sehr komplizierte Schachtelsätze, ein insgesamt wirrer Stil, der schwer zu verstehen ist. Richtig abstrus wird es, wenn es um Rassentheorien und Biologie geht, da kannte er sich überhaupt nicht aus.
Hitler hatte keine Ahnung von Rassentheorie?
Genau. Das Kapitel, in dem es um „Volk und Rasse“ geht, ist das schwächste im ganzen Buch. Davon hatte er wirklich keine Ahnung.
Wo kannte er sich besser aus?
Sobald es um Propaganda und Massenbeeinflussung geht, wird der Stil sehr viel besser lesbar, solche Passagen sind sehr überzeugend geschrieben.
„Mein Kampf“ war während der Nazizeit ein Bestseller. Haben die Leute das wirklich gelesen?
Es gab 12,5 Millionen deutsche Exemplare von dem Buch. Es gibt diese Schutzbehauptung aus den 1960er-Jahren, dass eigentlich niemand das Buch tatsächlich gelesen habe, aber das stimmt nicht: In einer Umfrage von 1946 gaben 23 Prozent der Deutschen an, das Buch ganz oder in Teilen gelesen zu haben. Und 1946 war es wirklich nicht mehr opportun, das zuzugeben.
Wird „Mein Kampf“ jetzt wieder zum Kassenschlager?
Das glaube ich nicht. Auch der Verfassungsschutz sagt, das Buch habe bei Nazis nur symbolische Bedeutung. Die lesen das nicht. Und unsere kritische Edition lesen die schon gar nicht. In einer Amazon-Rezension stand: „Kauft euch lieber die unkritische Version und nicht die mit den lehrerhaften Kommentaren.“ Interview: KMS
Presseclub: 19 Uhr, im Schnoor
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