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heute in Bremen„Eine Flut an Siegeln“

Fairtrade Die Arbeitnehmerkammer informiert über Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion

Gertraud Gauer-Süß

53, ist Geschäftsführerin des Bremer Informationszentrums für Menschenrechte und Entwicklung.

taz: Frau Gauer-Süß, spiegelt der Preis der Kleidung die Arbeitsbedingungen wider?

Gertraud Gauer-Süß: Ob die Hose fünf oder 50 Euro kostet, hat keinen Einfluss auf die Produktion. Hohe Preise entstehen häufig durch Kosten für Werbung oder werden durch die Marke gerechtfertigt. Die Arbeiterin hat davon aber nichts.

Was sind faire Arbeitsbedingungen?

Fair ist die Produktion dann, wenn sie menschenwürdig ist. Die Normen der Internationalen Arbeitsorganisationen sollen dies gewährleisten. Diese umfassen zum Beispiel das Recht auf Organisationsfreiheit oder das Verbot von Zwangsarbeit. Auch eine angemessene Entlohnung gehört dazu.

Und wie sieht die Realität aus?

Die Arbeiterinnen erhalten wenig Lohn und werden so zu Überstunden gezwungen. Toilettengänge werden gezählt. Akkordarbeit und damit verbundene Forderungen bauen physischen und psychischen Druck auf. Auch sexuelle Übergriffe sind keine Seltenheit.

Können Gütesiegel hier helfen?

Es gibt leider eine Flut an Siegeln. Darunter sind auch Eigenkreationen von Firmen, die keinen Standards entsprechen. Wirklich hilfreich sind Siegel nur, wenn die Zivilgesellschaft mitwirkt und unabhängige Kontrollen bestehen.

Wie finde ich ein fair produziertes Kleidungsstück?

Informieren Sie sich im Internet! Das geht zum Beispiel bei der Fairwear Foundation. In dieser arbeiten verschiedene zivilgesellschaftliche Akteure zusammen, um die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche zu verbessern. Oder besuchen Sie einen Weltladen. Der verkauft nur fair gehandelte Produkte. Ein Fairtrade-Logo für Kleidung steht noch in den Startlöchern.

Ist der Textil-Discounter „Primark“ so schlecht wie sein Ruf?

Problematisch finde ich, dass Primark durch seine Preise den Kleiderkonsum fördert. Dies entwertet die Produkte. Wenn Kleidung zu günstig ist, landet sie schnell im Müll. Das reproduziert nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern führt auch zu ökologischen Problemen. Gründsätzlich lässt Primark aber in denselben Fabriken produzieren wie andere Hersteller auch.

Interview: Lukas Thöle

Diskussion: 19 Uhr, Arbeitnehmerkammer, Bürgerstraße 1

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